Kunst

Keren Cytter. Relatable

Kunsthaus Glarus, Glarus

Keren Cytter ist für zahlreiche experimentelle Film- und Videoarbeiten bekannt, in denen sie sich mit dem Einfluss der Medienkultur auf zwischenmenschliche Beziehungen auseinandersetzt.

Mit der nicht linearen, oft zyklischen Logik ihrer Werke dekonstruiert die Künstlerin klassische Erzählmuster, Sprachkonventionen und Bedeutungen. Dabei kombiniert sie Bildabfolgen mit asynchron verlaufenden Sprach- und Tonsequenzen zu eigenwilligen filmischen Collagen und erschafft absurde Bildwirklichkeiten von existenzieller Dringlichkeit.

Relatable (Nachvollziehbar) sind Keren Cytters Filme und Videos insofern, als dass sie mit wenig Aufwand hergestellt sind, darin wenig unausgesprochen bleibt und teilweise explizit nah an den Erzählverlauf und dessen Protagonist:innen heranzoomen. Sie sind wenig inszeniert, der gesprochene Text dafür umso mehr. Ihre Montagen aus Erinnerungen und Einbildungen erzeugen vielschichtige, poetische Kompositionen von irritierend-grotesker Qualität. Cytter schafft so intensivierte Szenen, in denen die überwältigende Künstlichkeit der dargestellten Situationen durch die Mittel der Erzählung verfremdet und dadurch beobachtbar gemacht wird.
Die Übergänge zwischen Film und Text, Text und Performance, Performance und Raum, Raum und Zeichnung, Zeichnung und Film sind bei Cytter fliessend. In der Meltdown-Filmtrilogie (2023/24) funktioniert das durch die Gegenüberstellung von Liebesgeschichten und einem bereits hinter den Figuren liegenden Weltuntergang. Die Figuren scheinen in Kommunikations- und Beziehungsschleifen gefangen, die erst durch Bilder von innerer oder äusserer Gewalt durchbrochen werden können und dann paradoxerweise doch einen Ausweg anzubieten scheinen. Eine Eskalation von misogyner Gewalt in einer privaten Wohnung zeigt auch Object (2016): banales Palaver auf Russisch zwischen Freunden (oder „Friends in Crime“) endet in einem inszenierten Femizid. In drei Akten demonstrieren eine weibliche und drei männliche Personen Machtstrukturen und Machtmissbrauch in heteronormativen, patriarchalen Gesellschaften. Cytter vollzieht nach, wo Gewalt durch Über-Sichtbarkeit fast unsichtbar wird, und spürt die Ursprünge und Effekte der Brutalität im Mediatisiert-Alltäglichen auf.
Die Ausstellung im Kunsthaus Glarus zeigt Keren Cytters 8-mm-Meltdown-Filmtrilogie – bestehend aus den drei Teilen Hot Lava Night, Queens in Queens und Meltdown (2023/24), den Film Object (2016), eine Auswahl von Zeichnungen (2001-2023), ein skulpturales Projekt, das gemeinsam mit ihrem Künstlerkollegen John Roebas (*1985 in Tegucigalpa, Honduras) entstanden ist (2019), sowie eine ortsspezifische Installation an den Fenstern.
Das multidisziplinäre Werk von Keren Cytter (*1977 in Tel Aviv, lebt und arbeitet in New York und Münster) umfasst Filme, Seifenopern, Theaterstücke, Skulpturen, Zeichnungen, Romane, Zines, Lebensratgeber und Kinderbücher sowie die Organisation von Festivals. Keren Cytter ist seit 2022 Professorin für Erweiterte Fotografie an der Kunstakademie Münster. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in Einzelausstellungen in der Kunsthalle Bielefeld (2023), dem Kunst Museum Winterthur (2020), dem Center for Contemporary Art Tel Aviv (2019), dem Museum für moderne und zeitgenössische Kunst Bozen (Museion) (2019), dem Museum of Contemporary Art Chicago (2015), der Kunsthal Charlottenborg Kopenhagen (2014), der Tate Modern London (2012), dem Stedelijk Museum Amsterdam (2011), dem Moderna Museet Stockholm (2010), dem mumok Wien (2007), dem KW Institute of Contemporary Art Berlin (2006), dem Frankfurter Kunstverein (2005) und der Kunsthalle Zürich (2005) gezeigt. Ihr Spielfilm The Wrong Movie wurde 2024 für die Internationalen Filmfestspiele Berlin ausgewählt.

Zur Ausstellung erscheint eine Interview-Broschüre mit einem Gespräch zwischen Keren Cytter und Melanie Ohnemus.

Datum

6.7.2025 bis 16.11.2025  
jeweils Mi bis Fr   12:00 - 18:00 Uhr
jeweils Sa, So   11:00 - 17:00 Uhr

Adresse

Kunsthaus Glarus
Im Volksgarten
8750 Glarus

Kategorie

  • Kunst

Art der Ausstellung

  • Sonderausstellung

Webcode

www.glarneragenda.ch/2gP6wV