Glarus
Pyramide: Das Musik-Ensemble erfindet sich immer wieder neu
Virtuos, spielfreudig und einzigartig: Das vor über 25 Jahren von der Glarner Cellistin Anita Jehli mitbegründete Ensemble Pyramide hat beim Karfreitagskonzert in der Evangelischen Kirche Schwanden den besten Eindruck hinterlassen.
Die Karfreitagsfreitags- und Adventskonzerte in der Evangelischen Kirche Schwanden haben eine lange Tradition, und das Ensemble Pyramide hat etliche davon bereichert. Organist Jakob Strebi, welcher die Konzerte organisiert (und u.a. auch für dieses Verdienst erhielt er den Kulturpreis der Gemeinde Glarus Süd) hat wesentlichen Anteil an dessen Karriere. Er förderte immer wieder junge Glarner Musiker mit Engagements, so auch die Cellistin Anita Jehli, welche 1991 das Ensemble Pyramide mitgründete. Ein geniales Konzept und versierte Musiker/-innen ermöglichten den langanhaltenden Erfolg. Für seine ungewöhnliche Ensemble- und Repertoirearbeit wurde es 2006 u.a. von der Stadt Zürich mit dem „Werkjahr für Interpretation“ ausgezeichnet.
Die Vielfalt beruht auf drei musikalischen Standbeinen: Quartette und Quintette der Klassik mit einem oder zwei Blasinstrumenten und Streichtrio, die französische Kammermusik mit Harfe aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die für das Ensemble geschriebene zeitgenössische Musik. Zudem erweitern vom Flötisten Markus Brönnimann für die spezielle Besetzung des Ensembles instrumentierte Werke das Repertoire. Und an diesem Karfreitag sogar eine Eigenkomposition. Das 2016 entstandene Quartett steht im Mittelteil des Konzerts und bildet mit seinem kontemplativen Charakter innerhalb des barocken bis klassischen Programms und dessen temperamentvollen, vorwärtsstrebenden Stücken einen guten Kontrast. Interessant ist der Einsatz der selten verwendeten Alt-Querflöte, deren Klang sich manchmal geradezu seelenverwandt mit dem des Streichtrios mischt, sich dann aber wieder auch solistisch und plastisch aus diesem erhebt: «Man könnte das Stück unter das Motto IHR – ICH – WIR stellen,» erläutert der Komponist. Es sei nicht leicht, ein gutes Stück zu schreiben. Entstanden ist ein reizvolles musikalisches «Landschaftsbild», dem man die gründliche Kenntnis und Beschäftigung mit den verwendeten Instrumenten anmerkt. Am Schluss des Werkes nimmt Brönnimann die Sopranquerflöte, der silbrige Klang schwebt durch die Kirche, die Spätnachmittagssonne ergiesst sich durch die Kirchenfenster auf die Gesichter der Musiker; in diesem Moment scheint sich die Friedensbotschaft des Osterfests in einem perfekten Klang-Bild zu manifestieren.
Fröhlich und voller Temperament – die Osterfreude und den Sieg des Lebens vorausahnend – zeigen sich die übrigen Werke. Mit dem von Brönnimann instrumentierten Andante F-Dur KV 616 von W.A. Mozart erschliesst er dem Publikum ein Kleinod, das ursprünglich für «eine kleine Walze in einer Orgel» komponiert wurde; hier von Flöte, Oboe, Bratsche und Violoncello vorgetragen. Der Klang ist vielfarbig und leuchtend wie die Kirchenfenster im Chor. Jean-Gabriel Guillemins (1705-1770) Quartett in d-moll für Flöte, Violine, Violine und Basso Continuo eröffnet das Konzert prächtig. Guillemin war ein seinerzeit berühmter Violinist und Schüler u.a. von Jean-Marie Leclair (1653-1713) dessen zweite «Recréation de Musique» hier ebenfalls erklingt. Dessen Suite zeigt aufs Schönste den Zeitgeist des eleganten höfischen Musizierens; 1733 bis 1737 war Leclair „Ordinaire de la musique du roi“ am Hofe Ludwigs XV. Das wunderbar aufeinander abgestimmte Zusammenspiel des Ensembles kann hier bewundert werden: schöne Agogik, Dynamik und das Aufblühen der verschiedenen Motive in den einzelnen Stimmen. Es steigert sich nochmals in der Schlussdarbietung von Arcangelo Corellis Concerto Grosso c-Moll (er schrieb u.a. das berühmte Weihnachts-Concerto Grosso - hier sind einige Anklänge auszumachen) zur wahren Klangpracht. Akustisch und optisch im Zentrum ein virtuos konzertierendes Violoncello: Anita Jehli, dahinter am Cembalo Margarete Kopelent; rechts Flötist Markus Brönnimann und Oboistin Barbara Tillmann, linkerhand Ulrike Jakoby an der Violline und Muriel Schweizer an der Viola. Nach immer wieder aufbrandendem Applaus lassen sie sich gerne um eine Zugabe bitten.
Swantje Kammerecker
Autor
Kulturblogger Glarus
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