Glarus
Matinee des Glarner Kammerchors weckt Frühlingsgefühle
Mit einem Renaissance-Musikprogramm begeisterten am Sonntag, 12.März, der Glarner Kammerchor und das Aedo Consort unter der Leitung von Katharina Jud im speziell eingerichteten Gemeindehaussaal Ennenda. Der Saal war fast komplett besetzt.
Die Sonne wagt sich über den Glärnisch: Damit ist im Hauptort der Start in den Frühling gemacht. Die Forsythien knospen, entlang der Linth wird schon in kurzen Hosen gejoggt, und auch das Kulturprogramm bringt die Bevölkerung in die entsprechende Stimmung. Am Sonntag hat der Glarner Kammerchor zum Konzert: "O Primavera! Chansons und Madrigale aus der Renaissance" eingeladen. Im Gemeindehaussaal Ennenda sind zwei Bühnen aufgebaut, welche durch einen Gang diagonal zwischen den schräg aufgestellten Sitzreihen verbunden sind. Zu der ungewöhnlichen Aufstellung kommen ungewöhnliche Instrumente: Flöten und Zinken, Violone und Gambe, eine Harfe und ein Orgelpositv nach historischer Bauart. Deren Klang ist zwar etwas leiser, aber unglaublich oberton- und Klangfarbenreich. Im neoklassizistischem Saal ist die Akustik für solche Schwingungen perfekt - und auch für Vokalmusik. Die über vierzig Singenden treten in verschiedenen Formationen auf, mal als Doppelchor auf beiden Bühnen, die Register werden immer wieder neu gemischt, so entsteht ein beweglicher, lebendiger Klang. Dirigentin Katharina Jud gelingt es hervorragend, über die weiten Distanzen eine hohe Spannung und Präsenz aufzubauen und zu halten.
Die Musik ist ein halbes Jahrtausend alt und noch immer springlebendig.Hochkompexe, polyphone Madrigale von Claudio Monteverdi wechseln mit einfacheren Chansons, die Instrumentalbegleitung ist virtuos, variantenreich arrangiert. Eines der eindrucksvollsten Stücke, das von Luca Marenzio (1553-1599) vertonte Gedicht "O tu che fra le selve" entwickelt ein Zwiegespräch mit dem Echo; es wird vor der Chordarbietung zunächst in deutscher Übersetzung vorgetragen von Niklaus Hauser. Bei den Liedern geht es um ein zeitloses Thema - Frühlingsgefühle und die Liebe in allen ihren Facetten: Leidenschaft, Liebeskummer, Betrug und Verlust. Ein symbolträchtiges Bild, Sandro Botticellis "Primavera", heutzutage in den Florentiner Uffizien nur hinter zu Glas zu bewundern, veranschaulicht ein weiteres von Luca Marenzios vertontes Gedicht: "Cantiam la bella Clori",: Hier wird die Nymphe Chloris besungen, welche sich nach ihrer Vereinigung mit Zephyr in die Blumen streuende "Flora" verwandelt und somit den Frühling erweckt. Die in altem Französisch und Italienisch vorgetragenen Madrigale und Chansons erfreuen mit ihrer lautmalerischen Sprache. Sie schwelgen in süssen Liebesschwüren und kokettieren mit neckischem Silbenspiel. Der Gesang der Nachtigall darf selbstverständlich nicht fehlen: Chorsängerin Verena Lüscher lässt ihn auf ihren Lippen ohne Hilfsmittel entstehen. Die musikalische Leistung des Chors überzeugt, es wird gut nach vorne geschaut, konzentriert und zugleich flüssig gesungen, ausgewogen in der Mischung der Stimmen (trotz weniger Männerstimmen), mit recht guter Intonation. Freude machte es offenbar auch - nicht nur in der Liedzeile "donne moy un baiser" (gib mir einen Kuss) der berühmten Pavane "Belle qui tient ma vie" sieht man lächelnde Gesichter. Auch die passend ausgewählten Zwischenspiele des Aedo Consort gefallen sehr gut. Dem begeisterten Publikum werden am Schluss noch eine Zugabe und ein Apéro im Foyer des Gemeindehauses geboten. Dann geht es beschwingt hinaus in den strahlenden Sonntagmittag. O, Primavera!
Swantje Kammerecker
Autor
Kulturblogger Glarus
Kontakt
Kategorie
- Glarus
Publiziert am
Webcode
www.glarneragenda.ch/r2Sdvq