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Realitäts-Check Prostitution

Seit über zwanzig Jahren beschäftigt mich ein Thema, das oft verdrängt oder beschönigt wird: die Prostitution. Immer wieder höre ich die Behauptung, sie sei ein normaler Beruf wie jeder andere. Doch diese Darstellung entspricht nicht der Realität. Jeder Mensch hat selbstverständlich das Recht auf seine eigene Sexualität. Ein «Recht auf Sex» hingegen gibt es nicht – denn Sexualität setzt immer die freiwillige Zustimmung aller Beteiligten voraus.

Politkolumne «zur Debatte» vo Sarah Küng, SP Landrätin, Gemeinde Glarus

In der Realität der Prostitution fehlt diese Freiheit fast immer. Die allermeisten Menschen, die ihren Körper verkaufen, tun dies nicht freiwillig. Sie wurden hineingedrängt – durch Menschenhandel, Abhängigkeit, Schulden oder schiere Verzweiflung. Hinter der Fassade von «Freiwilligkeit» steckt oft brutaler Zwang. Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 89 Prozent aller Frauen in der Prostitution würden sofort aussteigen, wenn sie könnten. Jede vierte wurde mehrfach vergewaltigt. Neun von zehn haben Gewalt erlebt. Wer da noch von einer «freien Entscheidung» spricht, verschliesst bewusst die Augen vor der Realität.

Auch in der Schweiz ist Prostitution Alltag. Doch wie sieht die Lage bei uns im Kanton Glarus aus? Genau das will die SP mit einer Interpellation herausfinden, die sie im Herbst einreichen wird. Für mich ist klar: Wir dürfen nicht länger zuschauen. Wer sexuelle Dienstleistungen kauft, muss bestraft werden. Wer sich prostituiert, braucht Schutz, Unterstützung und echte Chancen für einen Ausstieg.

Darum setze ich mich für das Nordische Modell ein. Es kriminalisiert nicht die Prostituierten, sondern die Freier. Es macht deutlich: Ausbeutung ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verbrechen. Prostituierte bleiben straffrei und erhalten Zugang zu Beratungsstellen, Ausstiegshilfen und Schutz. Gleichzeitig setzt es auf Prävention und Aufklärung.
Die Ergebnisse aus Ländern, die das Nordische Modell eingeführt haben, sind ermutigend: Wo der Sexkauf verboten wird, sinken Menschenhandel, Zwangsprostitution und Gewalt deutlich. Denn die Nachfrage bricht ein. Und ohne Nachfrage verliert das Geschäft mit der Ware Frau seine Grundlage. Wo weniger Freier sind, verlieren Zuhälter und Menschenhändler ihre Geschäftsgrundlage.

Deshalb sage ich klar: Wir müssen handeln. Wegsehen heisst, Gewalt und Erniedrigung hinzunehmen. Schweigen heisst, Täter zu schützen. Und nichts zu tun heisst, Ausbeutung zu akzeptieren. Das darf nicht unser Weg sein. Wenn wir eine Gesellschaft wollen, die auf Würde, Freiheit und Gleichberechtigung baut, müssen wir den Mut haben, den Sexkauf auf die politische Agenda und unter die Lupe zu nehmen.

#üüsbruuchts

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SP Kanton Glarus

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Publiziert am

10.10.2025

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