Walter Hauser
Walter Hauser
Portrait Walter Hauser
Portrait Walter Hauser

Glarus

Zum Gedenken an Walter Hauser

Der Journalist Sandro Brotz hat an der Gedenkfeier vom Samstag eine eindrückliche Ansprache für seinen Wegbegleiter Walter "Wädi" Hauser gehalten. Ein beeindruckender Anlass für den Stiftungspräsidenten der Anna Göldi Stiftung.

Sehr geehrter Herr Regierungsrat
Liebe Stiftungsrätinnen und Stiftungsräte
Liebe Ursula
Liebe Gäste
Ja, ich muss leider sagen: Liebe Trauergäste


Wir wollten heute feiern. Nun müssen wir trauern. Um einen Menschen, ohne den es diese ursprünglich als Feier geplante Veranstaltung nie gegeben hätte.


Walter Hauser fehlt an diesem so wichtigen Tag. Ohne ihn gäbe es die Anna Göldi-Stiftung nicht. Und auch dieses Museum hier im Hänggi-Turm nicht.


Wälä – oder wie ich Ihnen genannt habe: Wädi – du fehlst. Heute. Und du wirst auch in Zukunft fehlen. Deinen Liebsten sowieso. Im Namen des Stiftungsrates möchte ich deiner Frau, deinen Kindern und allen Hinterbliebenen mein herzliches Beileid aussprechen.


Es würde mich nicht wundern, wenn uns Walter von irgendwoher zuschaut. Er hätte bestimmt grosse Freude daran, dass heute soviele Menschen gekommen sind. Er würde jeden Einzelnen persönlich begrüssen oder ihm zunicken. Und mit Stolz in die Runde schauen. Zu Recht.


Wie hat er doch noch vor seinem Tod, der uns so bestürzt und ratlos zurücklässt, auf diesen Tag hin in seiner Ansprache geschrieben: «Als wir die Anna Göldi-Stiftung 2007 zum 225-Jahrgedenken gründeten, gab es nicht wenige, die das für einen Gag hielten und der Stiftung ein kurzes Dasein voraussagten. Es kam anderes.»


Und ob es anders kam: Wir feiern in diesem Jahr ein Doppeljubiläum – am 13. Juni waren es 15 Jahre Stiftung, im September 5 Jahre Göldi-Museum im Hänggiturm. Es wäre heute auch Wädis Tag gewesen. Des Journalisten und Juristen, der sich immer auf die Seite der Schwachen geschlagen hat.


Denn das alles – die Stiftung und das Museum – ist Walter Hausers Beharrlichkeit zu verdanken. Wenn sich Wädi etwas in den Kopf gesetzt hat, dann blieb es nicht einfach bei einem Hirngespinst.


Das war schon beim Sonntagsblick so, wo ich ihm vor rund 20 Jahren das erste Mal über den Weg gelaufen bin. Wobei es eher eine Lawine war, die da auf mich zugerollt ist. Wädi war als Mensch eine Wucht. Ein Ereignis.


Natürlich war mir Anna Göldi damals ein Begriff. Wie man eben oberflächlich von dieser Hexe gehört hat, die keine war, sondern ein bemitleidenswertes Wesen, das zum Spielball einer Willkür-Justiz geworden ist.


Kaum ein an Tag, an dem Wädi auf der Redaktion an der Dufourstrasse in Zürich nicht mit einer neuen Recherche im Fall Anna Göldi durch die Redaktion lief. Und allen davon erzählte – ob sie es hören wollten oder nicht. Das sage ich mit grösstem Respekt.


Wädi – der Glarner Winkelried, wie er von den Medien bezeichnet worden ist –hat mich in den Bann gezogen mit seiner Hingabe für eine Frau aus längst vergangenen und vergilbten Zeiten. Wie oft hat er mir gesagt: «Was Anna Göldi angetan worden ist, das ist ein Skandal.»


Gerechtigkeit. Das war – da bin ich mir sicher – der Antrieb des Walter Hauser. Er hat nicht lockergelassen. Auch wenn ihm Steine in den Weg gelegt worden sind – manchmal schon fast Berge, so hoch wie jene, die wir hier draussen sehen. Doch Wädi hat immer einen Weg gefunden, sie zu überqueren und die Menschen dabei mitzunehmen. Sein Dickkopf – und das durchaus liebevoll gemeint – hat ihm dabei geholfen.


Mit Wädi konnte man Geschichten kreieren, weiterspinnen – seine Beschreibungen waren an Detailreichtum kaum zu übertreffen. Wenn eine Recherche vorbei war, stürzte er sich gleich in die nächste. Er war kaum zu bremsen. In ihm loderte ein Feuer. Das Feuer, Gerechtigkeit zu schaffen. Was er auch immer tat – er tat es immer mit Überzeugung und Hingabe.


Unsere Wege haben sich zwar journalistisch getrennt, aber wir sind uns verbunden geblieben. Mit kurzen Telefonaten, in denen er mich über die Geschehnisse bei der Stiftung und im Museum aufdatierte. Mit Mails, in denen er mir Mut zusprach, wenn ich mit der «Arena» mal wieder in die Schlagzeilen geraten war. Auch dann war Verlass auf ihn.


«Es braucht dich», hat er mir jeweils gesagt. Es hat auch dich gebraucht, lieber Wädi. Mit all dem Donnergrollen, das die eine oder andere deiner Entscheidungen mitunter auch mit sich brachte. Aber er tat das, was er tat, nicht für sich selbst.


Wädi tat es für die Region. Für die Menschen. Im Namen der Aufklärung. Und nie vergass er dabei die Frau, die Anna Göldi hiess und die keine Hexe war. Aber der das Leben genommen wurde – von einer Justiz, die ihren Namen so nicht verdient hat.


«Weisst du», hat mir Wädi so oft gesagt: «Die Botschaft von Anna Göldi ist auch heute noch brandaktuell.» Die Rehabilitierung der Dienstmagd, an der er wesentlichen Anteil hatte, und die für die mächtigen Männer im Land Glarus eine Bedrohung war, macht nicht vergessen, dass es auch heute noch krasse Menschenrechtsverletzungen gibt.


Und darum würde Wädi uns heute bitten, weiterzukämpfen. Im Sinne Anna Göldis. Im Sinne der Gerechtigkeit. Im Sinne der Mission, die Walter Hauser bis zuletzt – auch ohne sich selbst zu schonen – vorangetrieben hat. Noch am letzten Samstag und Sonntag war er hier im Museum.


Jetzt liegt es an uns allen, dass dieses Vermächtnis nicht in Vergessenheit gerät.


Wädi – wir werden den steinigen Weg, der zur Anna Göldi-Stiftung und zu diesem Leuchtturm Schweizer Rechts- und Unrechts-Geschichte hier in diesem Museum im Hänggi-Turm geführt hat, weiterführen.


Das sind wir uns schuldig. Das sind wir dir schuldig.


Danke, Wälä. Danke, Wädi.


Ich bitte Sie, im Gedenken an Walter Hauser in einer Schweigeminute kurz innezuhalten. 


 


 


24.9.22/Sandro Brotz

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

27.09.2022

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