Portrait Ingrid Käser
Portrait Ingrid Käser
Wild - Ausstellung
Wild - Ausstellung
Arbeit Ingrid Käser
Arbeit Ingrid Käser
Arbeit Noha Di Bettschen
Arbeit Noha Di Bettschen
Arbeit Gisler-Gähwiler
Arbeit Gisler-Gähwiler
Arbeit Sandro Livio Straube
Arbeit Sandro Livio Straube
Arbeit Robert Bösch
Arbeit Robert Bösch
Arbeit Georges Wenger
Arbeit Georges Wenger
Arbeit Andy Warhol
Arbeit Andy Warhol
Arbeit Ingrid Käser
Arbeit Ingrid Käser

Glarus, Ostschweiz

"Wild": Glarnerin Ingrid Käser im Kunst(Zeug)Haus Rapperswil

Die Glarner Künstlerin Ingrid Käser ist mit ihren Werken an der Ausstellung im Kunst(Zeug)Haus der IG Halle Rapperswil prominent vertreten. Die Ausstellungs-Trilogie hat mit dem Thema „Weit“ gestartet und wird 2023 mit „Frei“ fortgesetzt und abgeschlossen. Zu sehen bis am 5. Februar jeweils mittwochs von 14 bis 20 Uhr, donnerstags von 14 bis 17 Uhr, und Freitag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr.

Die Ausstellung führt in ein Assoziationsfeld um das Chaotische, Anarchische und Ursprüngliche. Das Wilde wird sowohl in der Natur als auch im Menschen geortet. Ingrid Käser passt sehr gut in diesen Kontext.

Als „Neue Wilde“ werden Kunstschaffende bezeichnet, die in den frühen 1980-iger Jahren mit einer subjektiven, unbekümmerten und lebensbejahenden Malerei in Deutschland und Österreich an die Öffentlichkeit getreten sind. Ein berühmter Vertreter dieser Kunstrichtung ist Georg Baselitz. Ingrid Käser lehnt sich mit ihren Arbeiten an diesen Grundhaltungen an, ist aber in ihren Ausdrucksformen sehr eigenständig.

Mit Ingrid Käser werden auch Werke von Andy Warhol, Sandor Livio Straube, Gisler Gähwiler, Robert Bösch, Georges Wenger und Noha Di Bettschen gezeigt. Ingrid Käsers Arbeiten zeigen eine Vielfalt von Zeichnungen und Gemälden, die mit verschiedensten Techniken und Materialien gestaltet worden sind. Eine Häkelarbeit zieht sich durch das ganze Werk und verbindet die unterschiedlichen Arbeiten miteinander. Sie arbeitet gleichzeitig an verschiedenen Arbeiten und lässt sich auf Prozesse ein, die bis zum Endprodukt Jahre dauern können. Ihre Arbeitsweise ist unbändig. Schichten werden weggekratzt, übermalt, ausgeschnitten, gerissen oder geklebt. Wasserfarbe, Bleistift, Farbstift, Collagen und getrocknete Kombuchapilze finden ihren Weg auf das Papier. Wichtig sind ihr Leerräume als ausgeschnittene oder weisse Flächen. Die Themen wie Berge, Tiere, Sinnliches oder Übersinnliches konstellieren sich in Verbindungen, die nur die Künstlerin kennt und für die Betrachter ein Geheimnis bleiben. Es öffnet sich eine Welt aus dem Wilden, die stark von unbewussten Prozessen und Inhalten gefüllt werden. Das Chaotische trifft auf Ordnungsmuster, die in ihrer weiteren, beruflichen Neben-Tätigkeit als Buchhalterin zum Tragen gebracht werden. Der Ozean des Unbewussten trifft auf die Insel des Bewusstseins. Die Schattenbilder des Unbewussten werden von bewussten Denkprozessen des Lichts gespiesen. Eine auf den ersten Blick irritierende Welt wird zum Faszinosum und zeigt die Vielfalt und Unergründlichkeit der menschlichen Seele. Mit der langwierigen Häkelarbeit verbindet die Künstlerin unbewusste Inhalte mit Denkprozessen, die im Detail ihre Grundordnung finden. Es ist eine Art Gerüst der Häkelarbeit, die verbindend und Sinn stiftend wirkt. Die Seite des Unbewussten im Menschen sehen wir auch in der aktuellen Zeit, wo sich Menschen als Autokraten hervortun, die vor Jahren sich als kooperativ und konziliant gezeigt haben. Der Mensch kann eben edel, hilfreich und gut sein. Er kann aber auch widerspänstig, brutal, unberechenbar, narzistisch  oder eben wild sein.

Noha Di Bettschen zeigt Arbeiten aus den ersten 12 Monaten seines Schaffens. Die Arbeiten bestehen aus Schreiben, Zeichnen und Malen und sind eine Welt des intensiven Ausdrucks. Di Bettschen ist in der Wahl seiner Motive sehr offen und thematisiert seine Persönlichkeit eines drogenabhängigen Vaters, der in der Jugend des Künstlers verstorben ist. Eine Figur ist in der Regel im Zentrum, umgeben von Texten und Zeichnungen. Die Arbeiten sind auf unregelmässig zugeschnittenen Leinwänden festgehalten. Der authentische Ausdruck ohne gesellschaftliche Konventionen ist zentral und lässt in die Tiefenperson des Kunstschaffenden Einblick nehmen. Das Unbewusste tritt hervor und lässt die Beobachtenden der Kunst mindestens innerlich erschauern.  „Wild“ passt als Ausdruck zu seinen Arbeiten, weil sie ohne Zensur die Hintergründe der Biografie offen legen.

Gisler+Gähwiler treten als Künstlerpaar  auf und zeigen in einer Installation, wie sie sich mit Naturphänomenen auseinandersetzen. Die gezeigten Installationen sind dem unendlichen Wandel auf der Spur. Einerseits ist der Jet-Stream ein Thema, andererseits macht die andere Skulptur Edelgase als Lichtphänomen sichtbar. Die Röhre ist mit flüchtigen Gasen gefüllt, die als Urmaterie sowohl in der Atmosphäre als auch im Lavagestein zu finden sind. Die Installationen sind ästhetisch gestaltet und zeigen Grundprinzipien unseres Kosmos auf, die manchmal chaotischen Prozessen entsprechen, aber auch eine innere Ordnung aufweisen. Ein interessantes Doppelspiel mit der Wildheit, die in der Natur erfahrbar ist.

Sandro Livio Straube zeigt Fotografie von sich selbst überlassenden Objekten. Der Schattenseite der Zivilisation wird die Ästhetik der Vergangenheit gegenübergestellt. Die fotografische Serie „Berge bleichen“ zeigt Orte und Dinge, die sich selbst überlassen sind. Die Aufnahmen sind 2015 als fortlaufende Serie im Val Lumnezia entstanden. Das Wilde als Gegensatz zum Kontrollierten geschieht bei der künstlerischen Arbeit still und unscheinbar. Die Ruhe des Moments und die Stille sind im Zentrum. Ein Gegenpol zur Wildheit in der Zivilgesellschaft.

Robert Bösch ist ein Bilder Suchender. Er verzichtet darauf, die Bilder im Nachhinein mit dem Computer zu bearbeiten und zu verändern. Die Berge sind für den Fotografen, der auch Bergführer ist, ein zentrales Thema. Seine Arbeiten legen Zeugnis ab von vielen Reisen rund um den Globus. Er arbeitet auch als Fotograf für die Industrie, die Werbung und für internationale Zeitschriften und Magazine. Die Wildheit ist nicht im Zentrum. Vielmehr wird die Erhabenheit, Dominanz und Ruhe seiner Objekte zum Objekt.

Georges Wenger erarbeitet seit einigen Jahren Linolschnitte, die für dieses Medium grossformatig-ungewöhnlich sind. Die Motive bezieht es aus eigenem Fotomaterial und von Videos. Er versteht seine Arbeit als Werke gegen den Wahn technischer Machbarkeit. Die Pflanzenstrukturen in seinen Arbeiten verdichten sich zwischen Schwarz und Weiss. Der Künstler eignet sich im handwerklichen Prozess Realität an, greifbar auf handgeschöpftem Papier aus Pflanzenfasern. Es entstehen Bilder der Unendlichkeit, die aus der Natur geschöpft sind. Sein Werk spiegelt die Demut und den Respekt  gegenüber der Natur. Niemand weiss, wann die Natur aus ihrer Ruhe heraustritt und in ihrer Wildheit sein zerstörerisches Potenzial zeigt.

Zu guter Letzt ist in der Ausstellung der berühmte „Electric Chair“ von Andy Warhol zu sehen. Ingrid Käser stellt diesem Werk eine Reihe mit Totenschädel gegenüber. Das des elektrischen Stuhls benützte Warhol erstmals 1963, als in Amerika intensiv über die Todesstrafe debattiert worden ist. Ganz im Sinne der Popkultur verdeutlicht das Medium Siebdruck die Reproduzierbarkeit, in diesem Fall des Tötens. Der Tötungsakt wird an eine Maschine delegiert. Die Grausamkeit wandelt ihr Gesicht. Ist es das Wilde im Menschen, ist es der Todestrieb, der die zivilisiert Gesellschaft von der Verurteilung eines Menschen durch den Tod antreibt. Gut zu wissen, dass die Statistik aufzeigt, dass weit überdurchschnittlich viele Schwarze der Todesstrafe zugeführt worden sind.

Eduard Hauser

 

 

 

 

 

Autor

Kulturblogger Glarus

Kontakt

Hauser Eduard
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hauser.eduard@gmail.com
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Kategorie

  • Glarus
  • Ostschweiz

Publiziert am

02.01.2023

Webcode

www.glarneragenda.ch/rQwv2G