Quelle: gl.ch
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Flaggen im Ring - Foto Eva Gallati
Flaggen im Ring - Foto Eva Gallati

Glarus

Wer hat ihn schon gesehen, ...

… den neuen Landsgemeindefilm? Die Staatskanzlei des Kantons Glarus hat den Landsgemeinde-Imagefilm aus dem Jahr 2010 kürzlich durch einen aktuellen Film ersetzt. Die Präsentation des neuen Imagefilms fand als Vorpremière im Arena Cinema in Netstal mit vielen geladenen Gästen statt.

von Eva Gallati, Kulturbloggerin


Vom bequemen Kinosessel aus sieht das Publikum gespannt unseren Landammann und Regierungsratspräsidenten Benjamin Mühlemann und den Fachstellenleiter Kommunikation des Kantons Glarus Roland Wermelinger auf die Bühne treten. Mit einführenden Worten präsentierten sie stolz den neuen Film über den wichtigsten Tag im Kanton. „Ein Imagefilm muss aktuell sein, denn der Zeitgeist ändert sich, und mit ihm die Mode, die Themen und nicht zuletzt die Technik“, sagt Benjamin Mühlemann . Auch der Begriff „Storytelling“ fällt, er hat die Art geprägt, wie wir heute dem Publikum eine Information näher bringen, nämlich schon wieder ganz anders als im „alten“ Landsgemeindefilm. Leichter verständlich, leichter verdaulich, näher an dem, was wir täglich am Bildschirm konsumieren. „Als Kanton möchten wir mit der Zeit gehen und unsere Traditionen auf eine moderne Art darstellen – gerade die Landsgemeinde, unser Alleinstellungsmerkmal, diese besondere Art von direkter Demokratie", sagt Benjamin Mühlemann, und "ich habe Hühnerhaut bekommen, als ich ihn das erste Mal anschauen durfte". Abschliessend meint er: „Dieser Film wird öffentlich geteilt werden, er ist Bestandteil unseres digitalen Heimatbuches. Wir haben bewusst darauf verzichtet, Kontroversen und Kritikpunkte anzusprechen, als da zum Beispiel wären: die Stimmbeteiligung, das Stimmgeheimnis, die Zählungsart. Der Film soll beschreiben, was ist.“

 

Die Macher

Florian Landolt vom Glarner Unternehmen Landolt à jour hat das Drehbuch zum Film geschrieben. Martin Bäbler von der BSV-Production GmbH hat den Film realisiert im Auftrag von und in Zusammenarbeit mit der Fachstelle Kommunikation. Beide jungen Männer werden auf die Bühne gebeten. Sie erzählen von ihrer Arbeit am neuen Film. „Im Drehbuch haben wir den Fokus auf junge Leute gerichtet, die sich politisch einbringen“, sagt Florian Landolt. 

„Es gab bei der Produktion einige Knacknüsse“, erinnert sich Martin Bäbler. „Wir standen unter grossem Zeitdruck, und ausserdem mussten wir Aufnahmen aus zwei Landsgemeinden zusammenschneiden. Darum war es nötig, die Stimmkarten digital umzufärben. Einige Protagonisten wurden im zweiten Jahr dazu angehalten, dieselbe Kleidung wie im Vorjahr zu tragen“, schmunzelt er.

2022 wurde mit gelben Karten abgestimmt, 2023 mit blauen. Wer heuer die Landsgemeinde besucht hat, erinnert sich an die sturzbachartigen Regenfälle während der Versammlung. 2022 dagegen war es trocken, zwar mit grossen Temperaturschwankungen, aber schön sonnig.

 

Bild Jarry Lowder

 

Film ab!

Nun lehnen wir uns aber richtig im Sessel zurück. Die Lichter gehen langsam aus, der Film beginnt. Und zwar mit einer Musik wie im richtigen Kino, ein Orchester spielt Siegermusik, dazu werden alte Filmaufnahmen in Schwarzweiss gezeigt. Schnauzbärtige alte Männer, grimmig und stolz. Die Stimme aus dem Off spricht Schweizerdeutsch, sie klingt munter, heimelig und froh. Ich kenne diese Stimme… aber woher bloss? Bald werden die Bilder bunter, wir sind in der heutigen Zeit angelangt. Das Rathaus, die Musik, der Einzug der Regierung, schliesslich der Ring. Das sind bewegte und bewegende Bilder von Szenen, die wir alle kennen, mit Menschen die wir auch kennen. Unser politisches System wird Aussenstehenden erklärt, das geht nicht ohne Emotionen, nicht ohne Freude und Genugtuung darüber, dass es funktioniert, dass es ein Miteinander gibt, Respekt, Konsensfähigkeit. Der Landsgemeindesonntag ist ein Feiertag. Jede Glarnerin, jeder Glarner hat seine und ihre eigenen Erinnerungen daran. Diese „message“ transportiert der Film sehr gut. Er ist informativ und interessant. 

Im Vergleich zum Landsgemeindefilm von 2010 fallen einige Unterschiede auf. Ja, die Zeiten haben sich geändert, der Ton ist heute weicher, die Realität aber um vieles härter geworden. Dass indessen die Mode in der Zwischenzeit signifikant geändert hätte, wage ich heftig zu bezweifeln. Das Fussvolk hat sich an der Landsgemeinde schon immer „casual“ gekleidet, um warm und trocken angezogen die Verhandlung im Freien ohne Erkältung zu überstehen. Die Würdenträger:innen hingegen haben sich an ihre Bekleidungsvorschriften zu halten (war pink eigentlich eine Modefarbe in den Sommerkollektionen 2023?). - Schön ist, dass sich die junge Generation vermehrt mit eigenen Anliegen einbringt, und dass ein gesellschaftliches und umweltrelevantes Anliegen als Beispiel für den demokratischen Prozess gewählt wurde. 

 

Dort, wo jeder jeden kennt

Anschliessend wird im Foyer des Kinos ein Apéro serviert, den die Landfrauen liebevoll angerichtet haben. Es gibt … Zigerbrüt, natürlich! Tele Südostschweiz filmt und führt Interviews, Sasi Subramaniam fotografiert, in Grüppchen wird geplaudert. Benjamin Mühlemann kommt vorbei und verteilt aus einem grossen Korb dünne, edel verpackte Schokoladetafeln von unserem berühmten einheimischen Chocolatier. Auf der Schokolade ist ein Kleber mit einem Barcode angebracht, er enthält den Link zu den Landsgemeindefilmen. Ich mache jetzt kein Foto davon, das goldene Logo steht ein bisschen gar nahe dabei. 

Bild Eva Gallati

Im Glarnerstübli wird übrigens immer noch geraucht, diskutiert und gewettert. Die freundliche Stimme im Film stammt von einem bekannten Sprecher, der auch Werbespots im Fernsehen macht. Ich wusste doch, sie erinnert mich an Weihnachten!

Der Film wurde in drei Sprachen aufgenommen: Dialekt, Hochdeutsch und Englisch. Zusammen mit dem alten Film ist er hier in allen Varianten verfügbar.

 

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

01.10.2023

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