In der Mitte ist Zusammenkommen / Foto Swantje Kammerecker
In der Mitte ist Zusammenkommen / Foto Swantje Kammerecker
Die beiden Autorinnen / Foto Eva Gallati
Die beiden Autorinnen / Foto Eva Gallati
schwarz und weiss / Foto von Roman Kraft bei unsplash
schwarz und weiss / Foto von Roman Kraft bei unsplash
ich sehe dich / Foto von Harry Quan bei unsplash
ich sehe dich / Foto von Harry Quan bei unsplash

Glarus

Weiss wie die Unschuld

Die Geschichte vom weissen Raben und der weissen Schildkröte, erzählt und illustriert vom bewährten Duo Margrit Gnos und Swantje Kammerecker, ist eine Parabel über Zugehörigkeit, Überleben, Kreativität und den einen, tief empfundenen Wunsch.

Margrit Gnos und Swantje Kammerecker haben schon manches Buch geschrieben, alleine und in wechselnden Zusammenarbeiten, dieses ist das zweite, das sie gemeinsam erschaffen haben. Swantje Kammerecker hat die Geschichte in Worte gefasst, Margrit Gnos die Bilder gestaltet. Dazu haben sie, beide musikalisch, Lieder komponiert und gesungen, vor ihrem kleinen Publikum und auf CD. Es sind feine, einfühlsame und tief empfundene lehrreiche Geschichten. Sie handeln von aktuellen Themen wie Klimaschutz, Rassismus, Toleranz.

 

Anders sein macht einsam

Manche Arten von Anderssein sind sichtbar. In diesem Bilderbuch sind für einmal nicht „die anderen“ dunkel und alle hell, sondern umgekehrt. Der Rabe ist als weisses Vögelchen aus dem Ei geschlüpft, was die Rabenfamilie erstaunt hat. Sie sehen Schwierigkeiten auf sich zukommen. Deshalb verstecken sie ihr Kind und lassen es schliesslich allein.

 

Auch die Schildkröte ist weiss aus ihrem Ei geschlüpft, ihre Eltern sind ratlos. Während sie darauf warten, dass sich ihr Kind farblich angleicht, bekommen sie viele Ratschläge, wie sie den erhofften Wechsel von weiss zu braun gemustert tatkräftig unterstützen könnten.

 

Die Schildkröte leidet, der Rabe wird entführt. Sie müssen nun alleine in der grossen Welt zurechtkommen. Beide fallen auf und werden zur Schau gestellt, aber beide kommen auch irgendwie damit zurecht, dass sie halt anders sind. Sie entdecken ihre eigene Stärken und Freuden. Inmitten von vielen anderen, die alle anders als sie aber gleich wie alle sind, leben sie ihre Kreativität. Sie gehören jetzt dazu, sie sind eine Bereicherung für die Allgemeinheit. Und doch fehlt etwas…

 



Gemeinsamer kreativer Prozess

Der Gestaltungsprozess des kleinen Buches machte sich sehr schnell selbständig, sagt Margrit Gnos. „Wenn die Idee einmal da ist, sehe ich die Bilder vor mir und muss sie nur noch zu Papier bringen“. Zuerst war das Bild auf der Mittelseite da, sie erinnert sich an den ersten Entwurf, den sie mit Bleistift auf irgend ein Blatt gekritzelt hat. Die Worte sind Swantje Kammerecker zugeflogen. Leicht und flockig sei die Entstehung vonstattengegangen. Beide loben ihre Zusammenarbeit in den höchsten Tönen. „Swantje taucht ab, ist ein Weilchen verschwunden und taucht mit der Beute, d.h mit dem fertigen Text, wieder auf.“

 

Mit jedem Kinderbuch komme ein Stück der eigenen Kindheit zurück, meinen beide übereinstimmend. Jedes Buch wird von der Kindergärtnerin Margrit Gnos an ihren Kindergartenkindern getestet, natürlich mit Musik. Das Lied „Lueg mi a“, komponiert von Swantje Kammerecker, ist im Buch in einer DUR und in einer MOLL-Version abgedruckt. Die gehäkelten Tiere, bunte Tücher und die Gitarre gehören zum Erlebnis dazu, wenn die Geschichte erzählt wird.


Weiss ist die Farbe der Reinheit und der Unschuld, der weisse Rabe ein Symbol für Weisheit. Die langsame Schildkröte, die so uralt werden kann, ist wohl ein Symbol für Geduld. Die beiden ungewöhnlichen Tiere kennen den Rückzug und das Bemühen um Zugehörigkeit. Sie haben beide auch das Bedürfnis, anderen eine Freude zu machen: die weisse Schildkröte mit ihrem sagenhaften Gleichgewichtssinn, der weisse Rabe als Kunstmaler. Sie wissen, dass sie nie gleich wie die anderen sein werden, aber dazugehören, das möchten sie schon dürfen!

 

Bis jetzt haben sie noch keinen getroffen, der auch anders ist. Dem man nicht alles erklären muss, der versteht, der ähnliches erlebt. Schön wäre das, denken beide!

 



Leute, lest euren Kindern solche Geschichten vor!!

Das Büchlein hat zwei Anfänge und kein Ende. Die Geschichte trägt auch mich in meine Kindheit zurück. Meinen eigenen Kindern habe ich seinerzeit viele Bilderbücher und später dicke Romane vorgelesen. Es war eine wunderschöne Zeit.

 

Der Antrag der beiden Autorinnen auf einen Kulturförderungs-Beitrag wurde vom Kanton übrigens abgelehnt: zu pädagogisch seien ihre Bücher… Wenn man aus dem Blickwinkel der Mehrheit urteilt, mag dies zutreffen: das Büchlein lehrt Toleranz gegenüber anders empfindenden oder aussehenden Mitmenschen. Das ist gut und wertvoll und wäre an sich schon ein Beitrag an eine bessere Zusammenlebens-Kultur. Aus der Sicht der „Besonderen“ mag ich argumentieren: ermuntert sie mit solchen Geschichten, damit sie mit weniger Not ihre schönen Gaben beitragen können und Kunst, Musik, Literatur sich frei entfalten dürfen.

 

Von Eva Gallati, Kulturbloggerin

 

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

07.08.2023

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