Website Swing de Paris
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Swing de Paris – auch made in Glarnerland  - 1
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Glarus, Zürich, Ostschweiz

Swing de Paris – auch made in Glarnerland

Am vergangenen Samstag, 21. Januar 2023, platzte der kleine Saal der Burgmaschine Näfels fast aus den Nähten. Das Jazzquartett Sophie Lüssi, Felix Brühwiler, Claudio Strebel und David Beglinger heizte mit einem begeisternden Programm ein, während draussen Schneeflocken fielen.

Die «Burgmaschine» Näfels liegt etwas abseits der Durchgangsstrasse. Tatsächlich bin ich, obwohl bereits 23 Jahre im Kanton wohnhaft, noch nie hier gewesen! Vor der unscheinbaren Eingangstür des bejahrten Industriegebäudes hängt heute über einem «Rauchen verboten»-Schild das Konzertplakat des «Forums Brandluft», welches das glarnerisch-luzernisch-argentinische Jazzquartett «Swing de Paris» ankündigt. Im ersten Stock haben ortsansässige Musikvereine ihre Bleibe, der mittelgrosse Saal war einmal der Schlafsaal fürs Militär. Während draussen leise Flocken fallen, steigt die Temperatur hier drinnen: Bis auf den letzten Platz besetzt ist der Saal, mit Publikum aus allen Generationen! Alle wollen sich im tristen Januar offenbar ein musikalisches Stück Lebensfreude gönnen.

Dazu ist jetzt endlich wieder Gelegenheit; die Geigerin Sophie Lüssi
, welche bis vor kurzem überwiegend in Argentinien lebte, ist wieder in die Schweiz gezogen. Eine Reihe von Auftritten (siehe unten) steht an. Und Näfels bedeutet Heimspiel für den Glarner Schlagzeuger, Sänger, Songwriter und Musikproduzenten David Beglinger. Die 2006 gegründete Formation «Swing de Paris» steht für ein wesentliches Stück der musikalischen Biografie des Mollisers. Seine Mutter war langjährige Konzertmeisterin des Glarner Kammerorchesters. Das Geigenspiel prägte den gebürtigen Molliser seit frühster Kindheit. Durch die Konzertvorbereitungen seiner Eltern erhielt er früh Zugang zu Volksliedern aus ganz Europa, wie auch klassischen Duetten, mit Geige und Gesang.

Ab dem sechsten Lebensjahr begann er mit dem Trommeln und Singen eigener Lieder. Nach abgeschlossener Berufslehre zum Landschaftsgärtner entschied sich David Beglinger 2002 für ein Musikstudium an der Zürcher Hochschule der Künste, im Hauptfach Schlagzeug. Kurz nach Studienbeginn verlagerte er seinen Studienschwerpunkt auf Sologesang Richtung Jazz & Pop. 2006 schloss er im Studiengang Instrumental- und Gesangspädagogik sein Lehrdiplom mit Prädikat ab.
Seine vielseitigen Talente sind bis heute bei «Swing de Paris» goldwert. Denn das ist die andere Seite der Medaille: Mit der Jazz-Szene ist der ansonsten bodenständige Glarner auch weiträumig vernetzt.



Bei «Swing de Paris» sind die Rollen interessant verteilt: Der Solo-Sänger steht nicht vorn am Bühnenrand, sondern agiert sitzend vom Schlagzeug aus. Die Moderation obliegt dem Bassisten Claudio Strebel, dem markanten «Linksaussen» und Kontrapunkt zum «Rechtsaussen», Gitarrist Felix Brühwiler. Vorn am Mikro die virtuose Geigerin Sophie Lüssi, Gründerin der Formation. Mit ihrer atemberaubenden Spielkunst, ihrem Charisma und dem beeindruckenden internationalen Portfolio ist sie schon weitgehend die Leaderin der Formation, aber eben: Der Lead wechselt, gleitet immer wieder überraschend und geschmeidig vom einen zum anderen, was das Publikum in Spannung hält. Es ist auch nicht nur eine/r, der bei «Swing de Paris» Werke komponiert oder arrangiert; entsprechend vielfältig klingt es. Jeder hat hier seine Highlights, keiner ist nur Solist oder Begleitinstrument - auch der Kontrabass trumpft mit atemberaubenden Soli auf. 2019 entstand nochmals ein neues Programm mit vielen Eigenkreationen; auf Spotify findet man 13 Stücke ihres Programms, und das Schweizer Jazz Radio spielt immer wieder daraus.



Die Erfinder und Ikonen des «Swing de Paris», der Gitarrist Django Reinhard und der Geiger Stéphane Grappelli hätten wohl ihre helle Freude an diesen Wiedergängern gehabt! Ihr Gypsy- oder Zigeunerjazz sowie der amerikanische Swing der 1930-50ger Jahre prägten eine neue musikalische Gattung: Das «Quintette du Hot Club de France» (1934-1939) war das erste, nur von Saiteninstrumentalisten besetzte Jazz-Ensemble, feierte europaweit Erfolge und spielte 100 Tonträger ein. Dessen erste Schallplatte fand das Label Odeon «viel zu modern», sie erschien dann bei Ultraphone. Später ergänzten Klarinette und Schlagzeug die Gruppe. Undogmatisch, entdeckungsfreudig, musikantisch im besten Sinne: Genau in diesem Spirit macht eben «unser» Schweizer Swing-Quartett im Januar 2023 weiter.



Einer ihrer ersten grossen Hits, vor vielen Jahren in Engi GL performt und aufgenommen, erklingt auch heute wieder: «Year of the bugs», dann auch: «Cheek to Cheek». Oder: «I’m gonna sit right down and write myself a letter». Da trägt die nuancenreiche Stimme Beglingers die Musik. In «Blö/Bleu» oder «Im Wandel der Zeit» spielt der Kontrabass mal die erste Geige. Eine Hommage an Django Reinhard ist die Filmmusik zu "Sweet and Lowdown» von Woody Allen: In diesem Streifen von 1999 geht es um den weltweit zweitbesten Gitarristen, der plötzlich sein grosses Idol im Publikum entdeckt und schlotternde Knie bekommt. Auch die berühmte Musikerin Billi Holliday ist im Programm vertreten – u.a. mit dem am Lebensende geschaffenen «What is new», über die Melancholie einer aussichtlosen Liebe. So wird die unbeschwerte Lebenslust von Gypsy-Jazz, Walzer, Tango, Musette-artigen Klängen immer wieder durchbrochen und kontrastiert.



Die Begeisterung des Publikums kennt kaum Grenzen. Es gibt Standing Ovations und zwei Zugaben. Für das Forum Brandluft als Veranstalter ebenfalls ein riesiger Erfolg – es ist toll, wenn im Rahmen einer «kleinen, feinen» Dorfkultur so hochkarätige Konzerte nah und niederschwellig, in dem Fall mit Kollekte und einer kleinen Bar, angeboten werden. Wer es verpasst hat, der kann Ende Januar, im Februar oder im April die schwimmende Konzertplattform «Herzbaracke» aufsuchen (Termine auf swingdeparis.ch) oder im November das Quartett im Lihn Filzbach GL besuchen.

Text und Bilder (ausser Screenshot Website): Swantje Kammerecker



Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Glarus
  • Ostschweiz
  • Zürich

Publiziert am

24.01.2023

Webcode

www.glarneragenda.ch/LAiNc5