Plakat "Intuition"
Plakat "Intuition"
Hintergrundinformationen zu den Sammlern - Foto: Manuela Matt
Hintergrundinformationen zu den Sammlern - Foto: Manuela Matt
Blick in die Ausstellung
Blick in die Ausstellung
Flavio Paolucci, Pigment und Dusche auf Papier, 1982 - Foto : Manuela Matt
Flavio Paolucci, Pigment und Dusche auf Papier, 1982 - Foto : Manuela Matt
Christoph Brünggel, Pigmentdruck 2013 - Foto: Manuela Matt
Christoph Brünggel, Pigmentdruck 2013 - Foto: Manuela Matt
Urs Frei - Foto: Manuela Matt
Urs Frei - Foto: Manuela Matt

Glarus, Ostschweiz

Sammlungsausstellung "Intuition" mit dem Glarner Klaus Born

Noch bis im April 2024 werden die Sammlungen von Lisi und Peter Bosshard und Bob Gysin, Galerist, Architekt und Sammler,  unter dem Titel „Intuition“ mit Beteiligung des Glarner Malers Klaus Born im Kunst(Zeug)Haus gezeigt. Zwei Sammlungen begegnen sich und zeigen interessante Werke von Kunstschaffenden, die sich auf zeitgenössische Kunst ausgerichtet haben.

„Intuition“ ist eine psychologische Grundfunktion, welche Wahrnehmungen auf unbewusstem Weg vermittelt (Quelle: C.G. Jung, Typologie, Theorie und Praxis der Psychotherapie, Ex Libris, Band 6, 1972)
Eigentümlich ist,dass die Intuition weder Sinnesempfindung, noch Gefühl, noch intellektueller Schluss ist, obschon sie auch in diesen Formen auftreten kann. In der Kunst stellt sich die Frage, wie ein Künstler:in aus dem Unbewussten Bilder und Konzepte schafft, die auf  Träumen, aus Archetypen oder gedanklichen Verbindungen hervorkommen. Das Unbewusste ist wie ein Ozean, das Bewusstsein wie eine Insel im Ozean. Dieses Bild lässt schliessen, dass die unbewussten Kräfte und Vorstellungen Bilder und Konzepte ans Tageslicht fördern, die unerwartet, nicht kalkulierbar sind. Wir sind nicht fähig anzugeben oder herauszufinden, auf welche Weise die künstlerischen Inhalte zustande kommen. Die Intuition ist ein instinktives Erfassen, gleichviel welcher Inhalte. Sie ist eine irrationale, nicht geplante Wahrnehmungsfunktion. Die Gewissheit der Intuition beruht auf einem psychischen Tatbestand, dessen Zustandekommen unbewusst gewesen ist. Es gibt konkrete und abstrakte Formen der Intuition. Die konkrete Intuition vermittelt Wahrnehmungen, welche die Tatsächlichkeit der Dinge betreffen. Die abstrakte Intuition vermittelt die Wahrnehmung ideeller Zusammenhänge. Die Intuition vermittelt die Wahrnehmung von mythologischen Bildern, welche die Vorstufe von Ideen sind. Personen, die ihre allgemeine Einstellung nach dem Prinzip der Intuition, oder der Aufnahme von Informationen ausrichten, unterscheiden sich von jenen Personen, die ihre Verarbeitung von Informationen auf sinnliche Wahrnehmungen  wie hören, sehen, riechen, spüren oder schmecken ausrichten.
In der Ausstellung sind Positionen zu sehen die aus dem kreativen Potenzial und der Intuition schöpfen. Die Betrachter:innen sollen sich Zeit nehmen um in die Werke „einzutauchen“, für sich Neues zu entdecken und sich von der eigenen Intuition leiten zu lassen. Intuition in der Lesart der Kunst meint, dass  bei der Auswahl von Kunst „dem inneren Kompass gefolgt wird“. Die beiden Sammler kennen sich seit vielen Jahren und haben in ihren Werdegängen bei der Kunst erstaunliche Parallelen. So haben beide Sammler, unabhängig von einander, Arbeiten von gleichen Kunstschaffenden gesammelt. Beide haben den Ankauf von Kunst nie als Investment gesehen und sich auf das schweizerische Kunstschaffen fokussiert.  
Klaus Born - *1945 – der Maler mit „purer Intuition“
Er hat Wurzeln im Glarnerland und gilt als abstrakter Maler. Er ist für seine Kunstbücher überregional bekannt und gilt als typischer Vertreter der abstrakten Malerei. Die Kontinuität in seinem Werk lässt die Arbeiten sofort wieder erkennen und zuordnen. Er hat eine eigene Sprache entwickelt. Der Künstler denkt von den Zeichnungen her, was in den Details seiner Arbeit sichtbar ist. Alle Betrachter:innen können in seinen Arbeiten ganz unterschiedliche Geschichten und Figuren erkennen, die aus dem eigenen Hintergrund gespiesen sind. Die Arbeit wirkt körperlich. Bewegung und das Performative ist spürbar. Spuren der Erinnerung werden erweckt. Klaus Born passt gut in die Ausstellung „Intuitiv“. Sein Werk ist abstrakt, aber mit der Intuition verbunden. Experten sprechen von „purer Intuition“, welche die Wahrnehmung ideeller Zusammenhänge zeigt.
Klaus Born sagt über seine Arbeit: „Unterbrochen von kleineren und grösseren Pausen setzen die Bilder Farbe an. Es ist wie ein altes Gestein, das durch immer neue Ablagerungen seine Identität gewinnt. Es sind Ablagerungen von der Seele und des Gefühls, des Kopfes auch. Ablösungen, Bilder lösen sich aus der Reihe der noch ungemalten Bilder. Unter der Malhaut tritt die Idee, der Wunsch verletzlich zu Tage. Die empfindliche Seele der Bilder wird Schicht um Schicht mit Farbhäuten geschützt“ – Quelle: Sibylle Omlin in: Klaus Born Malerei, Verlag Scheidegger und Spiess AG, Zürich, 2. Auflage, 2006 –





Christoph Brünggel  - *1980 –
zeigt eine Klangarbeit. Mit Hilfe von Messinstrumenten aus der Klangforschung entsteht ein Klangteppich, der Kompositionen hörbar macht. Die Betrachter fühlen sich durch die Arbeiten angezogen, weil eine Stimmung vermittelt wird, die Geschichten vermittelt. Eine andere Arbeit handelt von einer Foto in einem Hotel, die mit einer Luftpolsterfolie entwickelt worden ist und rätselhafte Spuren hinterlässt.  Die Arbeiten von Flavio Paolucci - *1934 – sind poetisch aufgeladen. Sie sind geheimnisvoll und sprechen die eigene Intuition an. Die verwendeten Materialien sind subtil gewählt. Sie lassen auf die Zerbrechlichkeit existenzieller Grundlagen schliessen. Auch im Schaffen des kürzlich verstorbenen Urs Frei – 1958 bis 2023 – kommt der Farbe als dem künstlerischen Urelement eine entscheidende Rolle zu. Diese werden in Prozessen des Akkumulierens, Kombinierens, Umwandelns und Überarbeitens mit Objekten und Materialien verbunden. Die Farben und das Material können hypnotisch wirken. Schliesslich sind die Fotos, mit Lochkamera aufgenommen, von Cécile Wick - *1951 – ästhetisch in ihrer Erscheinung. Die Wahl der Motive, beispielsweise eine Serie von Wasserfällen,  lassen Geheimnisse offen.




Alle Kunstschaffenden führen in unterschiedlicher Art und Weise in die abstrakte oder konkrete Intuition ein. Die Kunstschaffenden präsentieren subtile Werke in eigener Sprache, unterstützt mit unterschiedlichen Materialen und Techniken.
Weitere Künstler:innen sind: Bessi Nager – 1962 bis  2009 – hat das Publikum ins Zentrum gestellt, so dass die gedanklichen Verbindungen des Werks mit den Betrachtern zum wesentlichen Bestandteil des Werks geworden sind. Eva-Maria Pfaffen - *1963 – und Carmen Perrin -*1953 - spielen mit Gegensätzen und in Schwingung gebrachten Materialien.  Eva-Maria Pfaffen zeigt eine Installation, die mit Erlebnissen aus der Kindheit verbunden sind. Aus Papier, welches Metzger zum Einpacken benutzen, entsteht eine feinfühlige Skulptur.



Bei Martin Dislers – 1944 bis 1966 – Arbeit ist die  Direktheit und das Expressive stark im Zentrum und tritt an die Betrachtenden heran. Stéphane Brunner -*1951 – spielt dagegen Schwarz in Schwarz, wobei  fibrierende Farbflächen entstehen. Matthias Bosshards -*1950 – Arbeiten wirken als hypnotisierende Verbindung von Farbe und Material mit anziehenden Reihen, Rhythmen und Repetitionen. Dominique Lämmlis - *1964 - Ausdrucksweise liegt zwischen der Philosophie und der Literatur. Kunst ist für sie ein Weg zum Denken. Die Drucke und Gemälde lassen sich in inneren Landschaften verorten. Sie entsprechen einer inneren Befindlichkeit.  Andrea Wolfensberger -*1961 – spielt mit der  wahrnehmbaren Kraft von Bewegungen und Schwingungen. Die Videoarbeit „Tanz der Stare“ zeigt einen Schwarm von Staren, die ihre Formationen als Abwehrstrategie einsetzen. Eine meditative Arbeit, welcher man sich gerne aussetzt.
Ein vielseitiges Programm unter dem Titel „Intuition“ ist zu sehen. Die Kunst sollte die seelischen Geheimnisse der aktuellen Zeit entschlüsseln. Es ist nicht leicht die Wahrnehmungen der Kunstschaffenden aus dem Unbewussten nachzuvollziehen. Geschichten zu den Hintergründen der Entstehung der Werke führen zu den „Seelen“ der Kunstschaffenden. Für die Besucher:innen ist es aber eine Herausforderung  die intuitiven Aspekte zu erkennen. Eine Ausstellung, der man sich stellen muss um die analytischen oder konkreten Intuitionen der Kunstschaffenden nachvollziehen zu können.
Fazit  
Nicht alle Arbeiten entsprechen den Überlegungen der Intuition. Beispielsweise eine Klebearbeit mit der Inspiration zum Verlauf der New Yorker Börse zeugt von der Genauigkeit des Schaffens.


Trotz der analytischen Ausrichtung der Arbeit, mit der Entwicklung von Mustern, sind poetische Arbeiten entstanden, die auf die Auseinandersetzung mit Filmen und dem Spiel mit Medien zurückzuführen sind. Das Spiel mit den Medien und den Materialien zeigt den Betrachtern eine breite Vielfalt von Möglichkeiten der Gestaltung. Dass man die Werke aufschlüsseln und begreifen kann, setzt voraus, sich mit den Hintergründen der künstlerischen Herangehensweisen und dem spielerisch-intuitiven Denken zu beschäftigen. Eine Ausstellung, die zum Verweilen einlädt und die Zeit unmerklich verstreichen lässt.
Eduard Hauser

Autor

Kulturblogger Glarus

Kontakt

Hauser Eduard
Blogger
Biäschenstrasse 10
8872 Weesen
hauser.eduard@gmail.com
0793758199

Kategorie

  • Glarus
  • Ostschweiz

Publiziert am

21.04.2023

Webcode

www.glarneragenda.ch/kUjevT