


Glarus
Raus aus der Kuschelecke!
Pflanzen und ihre Düfte können mehr als einfach nur gut riechen und Teewasser färben. Zwei Aromatherapeutinnen aus Glarus bieten beliebte Workshops zu verschiedenen Themen an. Im letzten Herbst besuchte ich ihren Workshop unter dem Titel „Aroma-Wohlfühlabend“. Dabei und bei einem Gespräch unter sechs Augen erfuhr ich Spannendes - zum Beispiel, welche kulturellen Hintergründe die Welt für Düfte offenbaren.
Uraltes Wissen
Bei unserem Treffen vor ein paar Tagen wollte ich von Susan und Brigitte noch mehr erfahren über die Welt der Düfte und unseren Umgang mit ihr. Das Thema gewann vor vielen Jahren an Aufmerksamkeit, als im Zürcher Seefeld ein kleiner Ladeneröffnet wurde: Farfalla ist sicher vielen von uns ein Begriff. Plötzlich wurde die Neugierde geweckt über die Herkunft der Duftstoffe in Parfüm und Pflegeprodukten, es gab reine Aromaessenzen zu kaufen, Informationen über Herstellungsprozesse waren verfügbar und die industrielle Herstellung von synthetischen Duftstoffen wurde kritisch beurteilt. Inzwischen sind wir allgemein viel besser informiert, und deshalb will ich die kulturellen Hintergründe von Begriffen und den Platz der ätherischen Essenzen im Alltag beleuchten.
Verführende Worte
„Wohlfühl-“ (eingedeutscht für Wellness) und „Kuschel-“ (in englischer Sprache wird oft „Cocooning“ verwendet, sich in einen Kokon einspinnen wie eine Raupe, damit der Transformationsprozess zum Schmetterling stattfinden kann) – das sind Begriffe, die heute oft verwendet werden im Marketing für Pflegeprodukte. Mittlerweilen ist ja die sprachliche Verführung in der Werbung für Produkte des täglichen Verbrauchs angekommen, wie man in den Regalen der Grossverteiler erstaunt und oftmals belustigt feststellen kann… Da wird dem Stress goodbye gesagt, das Bad verspricht, ein einzigartiges Ich zu erschaffen, oder auf der Flasche steht "schön, dass es dich gibt!" Sprachliche Alternativen und einen Weg aus der Trivialität zu finden ist da schwierig! So haben qualitativ hochstehende Produkte oft weniger klangvolle Namen. Das Bedürfnis nach genussvollen Momenten, in denen man sich selber etwas Gutes tut und dabei zur Ruhe kommt, ist jedenfalls gross. Warm, wohlriechend und pflegend wünschen wir uns die Auszeit vom Stress, das Produkt darf gerne hübsch verpackt sein.

Die Wirkung nicht unterschätzen
Ätherische Öle verfügen über mächtige Wirkungen, die keinesfalls unterschätzt werden dürfen. Ihre unsachgemässe Anwendung ist sogar gefährlich. Die in den vorgestellten Pflegeölen verwendete Konzentration ist jedoch unbedenklich. Sie werden als „Aromapflege“ klassifiziert, die nächst höhere Stufe ist die „Aromatherapie“, die im Spitälern und Pflegeheimen in der Akut- und Palliativpflege eingesetzt werden und nur in die kundigen Hände von Fachleuten gehören.
Was riecht hier so?
Alles Lebendige verströmt Gerüche, die Wurzeln, Blätter, Blüten, Früchte und Samen einer Pflanze riechen, schmecken und wirken unterschiedlich, aber auch Mensch und Tier haben ihre Ausdünstungen, je nach Körperstelle und Lebensphase. Speziell abgerichtete Hunde mit ihren feinen Nasen können Krankheiten im Frühstadium erkennen. Geruchsrezeptoren, d.h. Sinnesorgane, die Gerüche erkennen, befinden sich nicht etwa nur in unserer Nase, sondern auf der ganzen Körperoberfläche, sogar Eizellen geben einen Geruch ab, um vom Spermium gefunden zu werden! Forschungen auf diesem Gebiet fördert laufend solche erstaunlichen Erkenntnisse zu Tage. Einer der Pioniere der Riechforschung ist der 1947 geborene deutsche Biologe und Mediziner Prof. Dr. Hanns Hatt, siehe Leseempfehlungen am Schluss des Berichtes.
Gute und weniger angenehme Gerüche umgeben uns in jeder Lebenslage. Düfte wecken Erinnerungen, machen unsere Wohnräume gemütlich, suggerieren Reinheit, Feierlichkeit, machen Appetit. Grenzenlos ist ihre Präsenz, und sie lassen sich nicht eindämmen. Indem wir sie bewusst wahrnehmen, nehmen wir uns selber wahr, erzählen uns Geschichten, verbinden uns mit der Natur.
Geruch verheisst Geschmack, und das durften die Kursteilnehmerinnen am Apéro erfahren, der den gelungenen Anlass abrundete. Winzige Mengen Aromaöl würzten die Dips, Snacks und Desserts und verliehen ihnen einen ganz besonderen Geschmack, der nicht mit demjenigen von gemahlenem Gewürz vergleichbar ist. Genüsslich probierten wir Süsses und Salziges. Es gab unter vielem anderen Panna Cotta mit Tonkabohne, Frischkäse mit Rosmarinessenz, dazu verschiedene Getränke, die nach Blumen schmeckten. Alles war liebevoll und dekorativ angerichtet, in kleinen Gläsern und hübschen Schüsselchen. Zu den Dips gab es Grissini.
Empfehlungen
Wer sich näher mit diesem Thema beschäftigen möchte, findet bei Eliane Zimmermann hier viele Informationen, Kursangebote, einen Blog und Bezugsquellen für ätherische Öle
Bücher
Aromatherapie allgemein
Monika Werner / Ruth von Braunschweig: Praxis Aromatherapie, ISBN 978-3-13-243471-4
Sabrina Herber/ Eliane Zimmermann: Aromatherapie für Kopf und Seele, ISBN 978-3-8186-1432-4
Eliane Zimmermann: Aromatherapie, ISBN 978-3-424-15427-6
Barbara Krähmer: Ätherische Öle kompakt, ISBN 978-3-424-15275-3
Martin Henglein: Die heilende Kraft der Wohlgerüche und Essenzen (nur noch antiquarisch erhältlich)
Susanne Fischer-Rizzi: Himmlische Düfte, ISBN 978-3-03800-579-7
Kochen mit Aromaölen
Sabine Hönig, Ursula Kutschera: Aroma-Küche, ISBN 978-3-7020-1343-1
Maria M. Kettenring: Duftküche (erhältlich bei aromalife.ch)
Riechforschung
Hanns Hatt, Regine Dee: Niemand riecht so gut wie du, ISBN 978-3-492-25747-3
Hanns Hatt, Regine Dee: Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken, ISBN 978-3-328-60151-7
von Eva Gallati
Autor
Kulturblogger Glarus
Kontakt
Kategorie
- Glarus
Publiziert am
Webcode
www.glarneragenda.ch/dV4XSW