Plakat zur Ausstellung
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Deep Sea
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Ozeanien
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Tropical Reef
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Mohnfeld
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Selbstreflexion
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Blick in die Ausstellung
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Glarus

"Power of Nature" im Antonio Wehrli Art Space

Aktuell zeigt Antonio Wehrli im Art Space den Newcomer Dominic Hartmann zu: „Power of Nature“. In seiner ersten Ausstellung mit Fokus Wiesen und Meer wagt sich der Künstler mit einer autistischen Veranlagung an eine anspruchsvolle Aufgabe - und eine aussergewöhnliche Technik.

Natur – „natura“ im Lateinischen – heisst „entstehen oder geboren werden“. Wenn sich ein Künstler mit der Natur und der Kraft in der Natur auseinandersetzt ist es sinnvoll, in der Geschichte nachzuschauen, wie sich der Zugang zur Natur verändert hat.

https://youtu.be/xYYSuSIuTSY

In der westlichen Kulturgeschichte galt die Natur als „Feind“ des Menschen, weil sie Angst einflössend verstanden worden ist, voller Gefahren und Bedrohungen. Auch heute kommt man an diesem Verständnis nicht vorbei, wenn wir die Unwetter, Waldbrände oder Vulkanausbrüche der Neuzeit betrachten. Im Lauf der Aufklärung entstand die „Verklärung der Natur“ in der Gesellschaft. Sie wurde jetzt als Vorbild für Ästhetik und Harmonie betrachtet. Die Rolle des Menschen verlagerte sich von „über“ zu „neben“ der Natur stehend. Im umgangssprachlichen Gebrauch verwenden wir  Ausdrücke  wie „es liegt in der Natur der Sache“ oder „das ist von der Natur“ gegeben. Der Begriff „natürlich“ meint „selbstverständlich“. Das bedeutet, dass in der Sprache eine Abhängigkeit von der Natur angedeutet wird, oder dass etwas als definitiv gilt.  Die Ästhetik oder Harmonie hat sich im Verständnis der Natur auch im Kunstschaffen niedergeschlagen. Arbeiten von Turner, oder zeitgenössische Künstler wie der Fotograf Andreas Gursky, Jeff Koons, Gerhard Richter, Georgia O`Keeffe und andere Künstler legen darüber Zeugnis ab.


Mensch als Störgrösse

Mit der Umweltbewegung im 20-igsten Jahrhundert hat der Mensch immer mehr die Rolle einer „Störgrösse“ übernommen.  Der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung schreibt: „Natur wird als Begriff für die Ordnungsmuster hochkomplexer Gefüge von Wechselwirkungen ökologischer Systeme und als Ergebnis konfliktträchtiger Evolutionsprozesse betrachtet. Die Natur schlägt da zurück, wo die Gesetzmässigkeiten der Natur missachtet oder ihre Ökosysteme zerstört und ihre Ressourcen geplündert werden. Für einfache Versöhnungs- und Harmoniemodelle gibt es keinen Anlass“. Diese Aussage kann jeder heute nachvollziehen, weil die Natur nicht als unser Kapital sondern als Rendite betrachtet wird.

Umgang mit der Natur

Natur bezeichnet in der westlichen Welt im Allgemeinen das, was nicht vom Menschen geschaffen worden ist, im Gegensatz zur Kultur, die alle Werte, die vom Menschen geschaffen worden sind, umfasst. Der menschliche Umgang mit der Natur wird immer häufiger zum Gegenstand einer Kritik an der Kultur oder an Gesellschaftssystemen. Natur wird zur menschlichen Existenz in Beziehung gesetzt. Dieses Verhältnis ist durch emotionale, ästhetische und religiös wertende Einstellungen bestimmt. Der Mensch hat die Natur nicht gemacht. Es ist unvernünftig, Dinge, die der Mensch nicht gemacht hat, nicht machen und nicht neu erschaffen kann, so zu behandeln wie Dinge, die er selbst gemacht hat. Die Ausrichtung der Kultur oder des Kunstschaffens hat da einen grossen Spielraum, der von Kunstschaffenden genutzt wird. 

Gegenüber den Elementen

Der Mensch sieht sich den Elementen gegenüber gestellt; Wasser, Luft, Erde und Feuer sind diese Elemente. Luft gilt als „warm und feucht“, Feuer als „warm und trocken“, Wasser als „kalt und feucht“ und Erde als „kalt und trocken“. Im Kontext der Elemente sind menschliche Temperamente formuliert worden. Mit der Luft steht der lebhafte Sanguiniker, mit dem Feuer der erregbare Choleriker, mit dem Wasser der gleichmütige Melancholiker und mit der Erde der in sich gekehrte Phlegmatiker in Verbindung. So wechseln sich leichtblütige, heissblütige, träge oder schwermütige Charaktermerkmale ab. Selbst Farben werden den Temperamenten zugeordnet. „Gelb“ steht für das sanguinische Temperament, „rot“ für das cholerische Temperament, „blau“ für das melancholische Temperament und „grün“ für das phlegmatische Temperament. „Rot“ wird mit dem Element Feuer, „gelb“ mit dem Element Luft, „grün“ mit dem Element Erde und „blau“ mit dem Element Wasser in Verbindung gesetzt. Die Grundfarben können gemischt sein, so dass differenzierte Temperamentsformen möglich werden.

Interessiert an allem Schönen
Der Künstler Dominic Hartmann, geboren 1984, stellt sich bei seiner ersten Ausstellung in einer Galerie mit dem Thema „Power of Nature“ einer anspruchsvollen Aufgabe. Der Künstler war schon als Kind an allem Schönen interessiert. Seine autistische Veranlagung hat nicht nur einen starken Selbstbezug, sondern auch eine starke, kritische Haltung zu seinen Arbeiten im Hintergrund. Seine fotorealistischen Arbeiten von 2005 hat er weitgehend zerstört. In der Kunst ist das Prinzip der „Zerstörung“ bekannt, weil aus dem Zerstörten Neues oder Innovatives wachsen kann. Bisher hat Dominic Hartmann seine Arbeiten nur einem kleinen Kreis von Bekannten gezeigt. Der Verkauf von Arbeiten hat ihn dazu ermutigt einen ersten Schritt in eine breitere Öffentlichkeit zu machen, was mit der Ausstellung bei Antonio Wehrli Art Space in Schwanden nun auch geschieht.


Übers Leintuch tanzen

Seine Arbeiten können dem figurativen Expressionismus zugeordnet werden. Sein Arbeitsstil beschreibt er wie folgt: „Frustriert vom Versuch ein Blatt auf die Leinwand zu malen, verfiel ich in Wut und Trauer zugleich. Wie plump der Versuch und lächerlich. In meinem Zorn entriss ich meiner Zimmerpflanze, die als Vorlage dienen sollte, einen Büschel Blätter, zog ihn durch die Farben und schlug ihn gegen die Leiwand. Verwirrt und glücklich, erstaunt über das, was ich sah, diese Lebendigkeit, diese Perfektion, diese Kraft das von dem entstandenen Muster ausging, als würde es schweben und aus der Leinwand wachsen. Ich ging schnell hinaus und suchte allerlei Materialen zusammen, um zu helfen, dass die Betrachterinnen und Betrachter über das Leintuch tanzen können“.

Die Exponate an der Ausstellung sind vornehmlich in den Farben „rot“, „blau“ und „grün“ gehalten. Der Fokus der Natur richtet sich vor allem auf Wiesen oder auf das Meer. Titel wie „Waldrand“, „Deep See“, „Plankton“  oder „Mohnfeld“ sind Beispiele. Speziell bei den Arbeiten ist die verwendete Machart und Technik. Pflanzen und andere Objekte sind nicht mit dem Pinsel gemalt. Die Objekte aus der Natur werden, getüncht in Farbe, auf die Leinwand geworfen oder gepresst. Gemalt ist lediglich der Hintergrund. Mit dieser Art „Malerei“ entsteht eine grosse Vielfalt von Formen, die im Hintergrund auf Geschichten des Künstlers aufbauen. Mit dem Eintauchen in eine direkte Beleuchtung entstehen auf den Bildern dreidimensionale Eindrücke und die Farbigkeit reagiert, in Abhängigkeit des Lichts, auf einem Spektrum von sanft bis aufdringlich.  Die Geschichten sind Phantasieprodukte, die auf Vorstellungen oder Träumereien basieren. Damit erreicht der Künstler einen Zugang zu seinem Unbewussten. Dieser Zugang erfolgt intuitiv. Kalkulierte Momente in den Darstellungen werden nicht sichtbar.

Geschichten sind für den Künstler sehr zentral. Sie knüpfen an Erlebtes und Gedachtes an, haben irgendwo in der Vorstellungskraft einen Beginn und enden irgendwann. Es ist der Prozess des Arbeitens, der wichtig für das Endprodukt ist. Der Künstler versucht in dieser Art die Komplexität der Natur und der Gesellschaft einzufangen. Bei einer Arbeit versucht sich Dominic Hartmann mit der Abstraktion. Er hat dazu seine eigene Lebensgeschichte vom Anfang bis zum heutigen Standort gewählt. Ein markanter, blau gemalter Rahmen umfasst die Stationen des Lebens. Der Riegel steht für die Normen in der Gesellschaft, die einen Rahmen für das Zusammenleben bilden, aber auch individuelle Freiheiten beschränken können. Die Kunst geht in seinen Darstellungen immer wieder an die Grenzen des Normativen, stellt diese in Frage und erhebt Anspruch auf individuelle Freiheit.

Öffnungszeiten: Do – Sa, 14 – 17 h und auf Anfrage: antonio@a-w.ch, die Ausstellungsdauer ist wegen der Pandemie noch offen.

Eduard  Hauser

https://youtu.be/xYYSuSIuTSY



Autor

Kulturblogger Glarus

Kontakt

Hauser Eduard
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hauser.eduard@gmail.com
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Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

24.01.2022

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