Die trauernde vermeintliche Witwe
Die trauernde vermeintliche Witwe
Marianne beschreibt Maria
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Maria und der Pfarrer
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Marianne erzählt von ihrer Begeisterung fürs Theaterspielen
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Maria bricht zusammen
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Glarus

"Ich bin jedes Mal nervös!"

Marianne Grosschedl spielt in der aktuellen Produktion der Chliibüni Glärnisch. In «Erbä ohni sterbä» gibt sie die Maria, Ehefrau und vermeintliche Witwe von Philipp. Im bürgerlichen Leben ist Marianne Compliance Officer, klopft in ihrem Betrieb also allen auf die Finger, die  Regeln und Gesetze nicht einhalten. In der Plauderei mit Kulturblogger und Schauspieler Søren Ehlers spricht sie über die Freuden und Leiden der Schauspielerei.

Interview: Søren Ehlers, Kulturblogger und Schauspieler


 Marianne, warum schreibst Du Deinen Familiennamen Grosschedl nicht mit drei «s». Das wäre doch ein grossartiger Künstlername.

Mein Schwiegervater stammt aus der Steiermark, da kommt der Name in drei Varianten vor, mit «ßs», «sss» und «ss». Bei uns hat’s halt nur für zwei «s» gereicht.


Wie ist dein Bezug zur Steiermark? Und wie redest du, wenn du dort bist?

Wir sind oft  mit der Familie oft zu Besuch in der Steiermark. Ich spreche immer in meiner Mundart und wir verstehen uns tipptopp so. Deutsch spreche ich nicht so gerne, weil ich diesen Schweizer Akzent habe.


Das verstehe ich, ich hatte das Problem auch eine Zeit lang. Ich spreche Deutsch, meine Eltern sind Deutsche. Weil ich hier aufgewachsen bin, habe ich trotzdem einen Schweizer Akzent. Bei meinen ersten Auftritten in Deutschland merkte ich aber, dass ich den Akzent nicht verstecken muss. Das deutsche Publikum empfindet das angenehm. Ausserdem finde ich, dass das sogenannte «Bühnendeutsch» eh nur eine stilisierte Sprache ist, die es so im richtigen Leben nicht gibt. - Wie wichtig ist Sprache für dich?

Sehr wichtig, sie ist für mich DAS Mittel zum Ausdruck. Ich lese sehr gerne und schreibe Kurzgeschichten. Ich spiele gerne mit den Worten. Für meine Familie und Freunde schreibe ich oft, wenn sie einen Text brauchen.


Wie war das bei «Erbä ohni Sterbä»: hast du am Text mitgearbeitet?

Nein, Roger und Poldi haben das Stück fixfertig geschrieben abgeliefert. Das Timing und die vielen Pointen sind dann bereits sehr exakt festgelegt. Wenn mir mal ein Satz überhaupt nicht in den Schnabel passt, lassen die beiden aber mit sich diskutieren.


Meine erste Theatererfahrung hatte ich mit acht Jahren, als Osterhäsli im Schultheater. Danach fand ich, dass Theater nichts ist für mich. Erst mit 24 spielte ich wieder einmal, und da nahm es mir voll den Ärmel rein. Ich habe dann ganz viele Theaterkurse besucht, alle im Bereich Improvisationstheater. Ich fing dann auch an, Geld zu verdienen mit Theater. Seither bin ich Teilzeit-Schauspieler von Beruf. Seit wann spielst du Theater?


Meine erste Theatererfahrung war mit 16, im Dorftheater in Elm. Ein Heimatstück. Dort durfte ich auch improvisieren bei der Stückerarbeitung. Es war eine kleine Rolle, zwei Sätze, aber ich war mega nervös. Seither spiele ich regelmässig.


Zwei Dinge haben mich sehr beeindruckt an deinem Schauspiel. Einerseits der viele Text, den du sicher und vor allem schnell bringst. Andererseits die schnellen Wechsel der Emotionen. Zum Beispiel die Stelle, wo Maria über ihren Gatten trauert und dann Sekunden später den Pfarrer anbaggert. Wie hast du das hingekriegt?

Das war eine Herausforderung. Ich wollte die Trauernde so spielen, dass die Leute im Publikum mir das abnehmen. Ich fragte mich, wie stark muss die Trauer sein, damit sie sich mit dem unmittelbar anschliessenden koketten Verhalten der Figur die Waage hält? Wenn ich zu laut böögge, passt es überhaupt nicht, wenn ich zu leise böögge, nimmt man mir die Trauer nicht ab. Schliesslich legten wir in den Proben fest, dass Maria gegen Ende des Trauermomentes leiser werden muss, damit der Wechsel für das Publikum funktioniert.


Aber es ist und bleibt ein krasser Emotionswechsel, den die Figur da zu leisten hat.

Maria ist mir sympathisch, denn sie hat es faustdick hinter den Ohren. Sie spielt auch sonst im Stück mit den Männern. Daher passt dieser Wechsel gut zu ihr.


Ändert sich nach der Première noch etwas am Stück?

Wir reden nach jeder Vorstellung und besprechen einzelne Passagen und tüfteln daran herum.


Das kenne ich auch von Tourneen. Man bespricht die letzte Vorstellung und probiert Neues aus. Das macht Spass und hilft, die Freude am Stück lebendig zu halten. Zur Arbeit am Stück: Wie funktioniert das mit der Doppelrolle Regie undSchauspiel von Poldi?

Wir sind eine Truppe, die sehr familiär miteinander umgeht. Poldi und Roger geben uns Inputs, wenn sie etwas sehen, das nicht passt. Die beiden wissen sehr genau, wie sie es haben wollen.


Wie ist es umgekehrt?

Wir geben auch ihm Feedbacks, wenn er am Spielen ist.


Was ist Rogers Rolle in der Produktion?

Roger ist wie ein Regieassistent, Poldi führt mehr. Aber auch Roger sagt klar, was Sache ist.


Wieviel Zeit wendest Du auf für eine solche Produktion?

Wir probten ab Januar zwei Mal pro Woche, plus Zusatzproben an mehreren Samstagen. Das füllt mich sehr aus. Zu Hause geht es weiter, ich übe auch vor dem Spiegel. Meine Familie weiss, wie wichtig mir das Theater ist. Sie helfen mir auch. Meine Töchter hören den Text ab und korrigieren mich gnadenlos.


Wie ist es bei dir mit dem Lampenfieber?

ich bin jedes Mal nervös. Das gibt mir aber auch die Spannung, die ich brauche, um ab der ersten Sekunde des Stücks voll da zu sein. Aber eben, die Nervosität! Du kennst das sicher auch: 10 Minuten bevor es losgeht, ist plötzlich der Text weg.


Wie geht ihr mit Hängern um?

Unsere Souffleuse kennt uns und lässt uns jeweils einen Moment Zeit, wenn wir einen Hänger haben. Wir improvisieren uns durch. Zum Beispiel bringe ich einen Satz, den der Kollege vergessen hat, der aber wichtig ist, damit es weitergehen kann, einfach selbst.


Mir ist mal passiert, dass ich eine ganze Szene des Stückes einfach übersprungen hatte. Die nächsten paar Minuten waren wir alle - während des Weiterspielens - am Hirnen: «Wie können wir den ausgelassenen Teil noch bringen?» Wir haben es tatsächlich geschafft, ohne dass das Publikum etwas gemerkt hat. - Wie geht es Dir jeweils nach der Vorstellung?

Da brauche ich genügend Zeit, "es ausfahren" zu lassen. Mit den Leuten reden, noch etwas zusammensitzen. Ich könnte nicht direkt nach der Vorstellung nach Hause.


Wenn direkt nach der Vorstellung jemand zu mir kommt und mich oder das Stück kritisiert, vertrage ich das nicht. Wie gehst du damit um, wenn nach der Vorstellung Kritik kommt?

Ich nehme Kritik dankbar an. Es gibt manchmal  deutliche Rückmeldungen, die sauge ich auf. Es muss allerdings schon begründet sein. Einfach so dahergeplatscht vertrage ich es auch nicht.


 Wie lernst du so viel Text? Das nimmt mich Wunder, weil ich selbst da nicht so gut bin.

Ich muss mich beim Lernen bewegen, herumlaufen, gestikulieren, damit ich meine Hirnhälften zusammenbringe. Beim Proben auf der Bühne kommen dann weitere Elemente wie Mimik und Gestik dazu, dann wird es für mich einfacher und der Text festigt sich.


 Vielen Dank, liebe Marianne, für das schöne Gespräch.


Danke dir, das hat mir sehr gefallen.



«Erbä ohni sterbä» wird noch bis am 25. Juni gespielt: www.fabriktheater-schwanden.ch

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

07.06.2022

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