Bilderlager Linthal
Bilderlager Linthal
Portrait
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Aus dünnhäutig Clariden Gletscher - 16-teilige Arbeit 2015
Aus dünnhäutig Clariden Gletscher - 16-teilige Arbeit 2015
Des Gletschers Kern Grönland - Kunsthaus Glarus 2020
Des Gletschers Kern Grönland - Kunsthaus Glarus 2020
Des Gletschers Kern Grönland - Kunsthaus Glarus 2020
Des Gletschers Kern Grönland - Kunsthaus Glarus 2020
Aus vertikale Ebene Gämsalp Selbsanft 2010
Aus vertikale Ebene Gämsalp Selbsanft 2010
Platinum Paladium Print Lempuyang Bali 2018
Platinum Paladium Print Lempuyang Bali 2018

Glarus

Fridolin Walchers Weg zum anerkannten Fotografen

Fridolin Walcher ist in Braunwald aufgewachsen und lebt heute in Nidfurn. In Linthal betreibt er ein grosszügiges Fotoatelier im Linthpark  Linthal. Sein Bilderlager bietet Raum für die Präsentation seiner vielseitigen Arbeiten - ein Einblick.

Walchers frühe Kindheit war vom einschneidenden Erlebnis belastet, dass nach seiner Geburt der Vater gestorben ist. Seine starke Mutter hat unter schwierigen Voraussetzungen  für die Kinder gesorgt. Schon früh ist bei Fridolin Walcher das Interesse an Fotografie wach geworden. Doch zuerst hat er im Beruf des Lehrers im Kleintal gearbeitet und sich bei den Schweizerischen Ski-Instruktoren für die Ausbildung der Skilehrer in Braunwald stark engagiert.

Für sein heutiges Engagement für sozial Benachteiligte und Themen wie Klimaschutz kann man auf seine Wurzeln verweisen, die dafür Antworten liefern. Er ist und bleibt „mit Haut und Haar“ Glarner, der mit seinen fotografischen Arbeiten auf der Ebene der Fotokunst und der Industriefotografie Karriere gemacht hat.

Bei einem Besuch im Bilderlager habe ich die grosszügigen Räume erlebt, die mit den eindrücklichen Exponaten bestückt sind. Der Fotografie und beim Gespräch mit Fridolin Walcher sind die dahinter stehenden Geschichten bei mir auf grosse Aufmerksamkeit gestossen. Den Bildern ist Leben eingehaucht worden.

Das Werk in der Übersicht

Seit 1991 ist Fridolin Walcher  als selbständiger Fotograf erfolgreich unterwegs. Er setzt sich mit Themen aus dem Glarnerland und mit globalen Fragestellungen der Zivilgesellschaft auseinander. Im Buch „Glarus – einfach“, 1994 beim Verlag Haupt erschienen findet eine spannende Kooperation zwischen dem Schreiber Otto Brühlmann und dem Fotografen statt. Es ist eine Publikation entstanden, die mit einer Prise Ironie die Schichten von Selbstverständlichkeiten auslotet, die unter der Oberfläche des kleinen Landes Glarus liegen; gelegentlich durchaus mit etwas Boshaftigkeit und Ironie. Es ist eine persönliches Protokoll entstanden der zugleich liebenden und kritischen  Auseinandersetzung mit dem , was man früher „Heimat“ genannt hat.

Anders das Themenheft von Hochparterre im Mai 2016, „Die Pyramide am Berg“, welches eine eindrückliche Fotoreportage zum Pumpspeicherkraftwerk in Linthal zeigt. Fridolin Walcher zeigt sich als wacher und kritscher Zeitzeuge und Berggänger. Es sind massgeschneiderte Bilder zum Bauprojekt entstanden, die einen lebendigen Eindruck hinterlassen. Er zeigt sich als Reporterfotograf des Glarnerlandes, der auch Umstrukturierungen von Fabriken und eines der grössten Pumpspeicherwerk der Alpen dokumentiert. Die Betrachter der Fotos erhalten eine Ahnung davon, was die Realisierung solcher Projekte bedeutet. Die Ambivalenz von Fortschritt und Zerstörung wird eindrücklich aufgezeigt.

Fridolin Walcher ist als Kulturschaffender zur Schweizer Grönlandexpedition 2018 eingeladen worden. Er begleitete die Eis- und Klimaforscher auf verschiedenen Forschungsstationen auf dem Inlandeis und hinauf bis zum 81. Breitengrad. Anschiessend verweilte er für drei Wochen in einem der nördlichsten Dörfer Westgrönland, um mit der Wohnbevölkerung das tägliche Leben zu teilen, mit jagen und fischen, Freud und Leid zu teilen. Der dreiwöchige Besuch hat zur Ausstellung „Des Gletschers Kern“ 2020 im Kunsthaus Glarus geführt.

Die Fotografien sind vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Fakten entstanden und sprechen die Sinne an. Eine gute Praxis der Kooperation zwischen der Wissenschaft und der Kunst. Bekannte Forscher der ETHZ und der Uni Bern haben im Buch „The Clacier`s Essence“ ihre wissenschaftlichen Ergebnisse dargestellt.  Fridolin Walcher hat eine Serie von grossformatigen Landschaftsbildern aus  Grönland und dem Glarnerland gezeigt. Panoramas von endlosen Eisflächen und Eisbergen in der Mitternachtssonne. Sie stehen den abstrakt wirkenden Detailansichten von vom Wind gezeichneten Schneeoberflächen gegenüber. Dem Rückgang der Gletscher haftet trotz der Schönheit etwas Ungeheuerliches an.

Kollege Martin Stützle hat bei seinen Radierungen und Monotypien den Fokus auf die Ästhetik der Formen gelegt.  Wenn Kunst ein Fenster der seelischen Geheimnisse der aktuellen Zeit sein kann, dann ist diese Sichtweise in Fridolin Walchers Kunst verwirklicht. Die Ästhetik der Erscheinungsformen pflegen über die Schönheit der Darstellungen einen Appell an die Betrachtenden zu richten, für das Klima und die Umwelt auch persönlich mehr Sorge zu tragen.

Weitere Themen auf der Ebene der sozialen Gerechtigkeit oder Hunger in den armen Ländern sind mit Reisen und intensiven Fotodokumenten verbunden.

Das Buch „Hunger nach Gerechtigkeit“, Helden Verlag, Zürich 2011 ist ein Beispiel. Die Gerechtigkeit ist in Verbindung mit der Wahrheit zu sehen. Beides sind Tugenden, die sich gegenseitig umarmen. Ist die Ungleichheit zu gross, dann ist die Wahrheit zu viel für die Elenden und zu wenig für die Privilegierten. Ohne Fakten kann aber keine Gerechtigkeit entstehen, was in der heutigen Zivilgesellschaft schwierig ist.

Die gesammelten Daten zur Ungerechtigkeit verlangen nach politischem Handeln. Wenn wir die enormen Ungleichheiten nicht benennen können, können wir nicht wissen, womit man anfangen sollte die Ungerechtigkeiten auszugleichen. Verhängnisvoll sind die Einstellungen „es war schon immer so“ und „es wird immer so bleiben“.

Respektvolle Annäherung

Fridolin Walcher nähert sich seinen Themen respektvoll und behutsam an. Seine Arbeit ist weit weg vom Schrillen, Lauten und Farbigen in seiner Fotokunst. Kleine oder unbedeutende Dinge werden nicht festgehalten. Er stellt sich der Herausforderung das Bedeutsame zu erfassen und in ein Bild umzusetzen. Die Suche nach dem Einfachen und die Auseinandersetzung mit Formen und Strukturen in der Natur sind zentral. Mit der Abstraktion bringt er die Dinge auf den Punkt und schafft es, das Wesentliche zu sehen. Dahinter steht eine Person, die durch seine Einfachheit besticht. Die stillen Schönheiten werden durch die behutsame Annäherung  zur Natur sichtbar gemacht. Fridolin Walcher beherrscht sehr verschiedene Techniken der Fotografie. Die Betrachtenden sind immer wieder überrascht, mit welchen Materialien sich die Bilder dreidimensional erscheinen lassen.

Die Schönheiten der Natur werden in der Stille entdeckt. Die Entschleunigung bei der Herangehensweise zum fotografischen Werk ist zentral und bringt unerwartete, kreative Bilderschöpfungen hervor. Die bewusste Wahl der Standorte mit dem Verstreichen der Zeit haben bei den Sozialreportagen andere Gesetzmässigkeiten da hier Termine, die einzuhalten sind, eine wesentliche Rolle spielen. Die Erfahrung vieler Jahre und die Grundeinstellung zur Arbeit stellen ihn heute vor die Wahl „Was soll ich anpacken?“, „Was ist besonders reizvoll?“ oder „Wo bietet sich Neues an?“ Ein Luxus, der die Arbeit als Fotokünstler bereichert.

„Bsinti“-Kulturzentrums in Braunwald

Fridolin Walcher war bei der Gründung „Bsinti“ wesentlich beteiligt. Der Name ist Glarnerdeutsch und heisst „Bewusstsein“. Das „Bsinti“ ist ein inspirierender Ort für kulturelle Entdeckungen von der Bühnenkunst, zur Literatur, über die Fotografie bis hin zur Musik. Es gibt Raum für gesellige Spiele, Gespräche, Dorfkultur und das Kulinarische darf nicht zu kurz kommen. Hier kommen Geist und Seele zur Ruhe und finden neue Nahrung. Die Bewusstseinsgrenzen werden aufgehoben, mit dem Zugang zum Unbewussten.

Am 21.Dezember 2012 ist der Stern „Bsinti“ aufgegangen, obwohl am gleichen Tag der Weltuntergang erwartet worden ist. Das Bedürfnis dem Dorfkern von Braunwald wieder mehr Leben einzuhauchen, war die ursprüngliche Motivation etwas zu tun. Am Anfang wurde das Kultur- und Lesecafé von Freiwilligen betrieben. Die Arbeitsgruppe Kultur  organisierte ein Kulturprogramm und sorgte dafür, dass  im Winter 2012/13 beinahe täglich eine Veranstaltung stattfand. Lokal und national bekannte Kunstschaffende aus verschiedenen Sparten konnten mit der Zeit für Auftritte gewonnen werden. Das hat wohl niemand erwartet. Der „Bsinti“-Geist ist so entstanden und sorgt bis heute für grosse Resonanz.

Kultur und Gastronomie sind 2018 zusammen geführt worden und werden bis heute aus einer Hand vom gemeinnützigen „Verein Bsinti Kultur“ geführt.  Dieser Verein fördert den Austausch zwischen der einheimischen Bevölkerung, Gästen und Freunden von Braunwald. „Bsinti“ ist ohne Zweifel ein Leuchtturm in der Glarner Kulturszene. Fridolin Walcher kuratiert seit dem Start von „Bsinti“ den „Ort für Alpine Fotografie“ mit laufenden Wechselausstellungen.

Was kann verbessert werden?

Fridolin Walcher stellt fest, dass im Kanton Glarus schon viel für die Kultur gemacht wird. Das Geld ist vorhanden. Allerdings ist er der Meinung, Swisslos Kulturgelder sollten ausschliesslich für das Erarbeiten und den Betrieb von Kultur und Kulturinstitutionen verwendet werden. Für den Unterhalt und die Erneuerung der Kulturhäuser sollte aber das laufende Budget des Kantons verantwortlich zeichnen. Das ist eine Forderung, die er an die Politik richtet.

Jedermann ist zu einem Besuch im Bilderlager willkommen. Termine bitte über fridolinwalcher@bluewin.ch oder 079 429 07 33 vereinbaren.

 

Eduard Hauser 

Autor

Kulturblogger Glarus

Kontakt

Hauser Eduard
Blogger
Biäschenstrasse 10
8872 Weesen
hauser.eduard@gmail.com
079 375 81 99

Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

25.10.2021

Webcode

www.glarneragenda.ch/wDMxCB