Tomas Baumgartner aus Engi erhält den Förderbeitrag 2023.
Tomas Baumgartner aus Engi erhält den Förderbeitrag 2023.
Installation Taucher 2019
Installation Taucher 2019
Resting Hollowness 2019
Resting Hollowness 2019

Glarus

Förderbeitrag 2023 für Glarner Künstler Tomas Baumgartner

Der Förderbeitrag 2023 von 25 000 Franken geht an Tomas Baumgartner. Der 32-jährige stammt aus Engi und hat eine Lehre als Polygraf absolviert. Er lebt in Glarus und Zürich. 2012 bis 2014 besuchte er die Hochschule der Künste in Zürich und war 2015 in einem Kurzaustausch auf dem Royal College of Art in London. Von 2013 bis 2017 studierte er auf der Stufe Bachelor in Fotografie, mit einem Abschluss als Work-Master in Bildender Kunst an der Haute école d'art et de design in Genf. 2020 lebte der Künstler von Februar bis Mai mit einem Atelierstipendium in Berlin.

In seinen Arbeiten scheint das Interesse an ländlichen Gegenden immer wieder durch. Er arbeitet zwischen Installation, Skulptur und Fotografie und pflegt bewusst alle Aspekte, wo sich die Medien gegenseitig überlagern. Die Arbeit ist gekennzeichnet durch ihre Vielseitigkeit. Da und dort scheint auch der Humor in seinen Arbeiten durch. Tomas Baumgartner:„Der Übergang unserer räumlichen Wahrnehmung hin zu imaginären Räumen interessiert mich. Ich habe mich in anderen Arbeiten häufig damit beschäftigt“. Der Künstler holt das Unkontrollierbare in den Innenraum, welchen wir als Schutz und Hülle wahrnehmen. Das Architektonische zeichnet viele Arbeiten aus. Dies wird sichtbar bei den gezeigten Arbeiten, mit Kommentar.


Die Arbeit „Kept in a Nap“ ist am „Heimspiel 2021“ im Kunsthaus Glarus gezeigt worden. Es handelt sich um eine Wandvertäfelung, die aus einem ehemals bewohnten Haus im Glarner Hinterland entfernt worden ist. Auf dem Holz sind die Silhouetten der Gegenstände zu sehen, ein Kruzifix und Jagdtrophäen, die an der Wand gehangen sind. Die Objekte schützen das Holz vor Sonneneinstrahlung und führen zu Umrissen, die als helle Flecken wahrgenommen werden. Die Abbilder sind im Moment der Betrachtung in Auflösung begriffen, weil sich das Holz früher oder später in seiner Tonalität angleichen wird. Die Wandfragmente sind in einer Konstruktion  aus lackiertem Aluminium integriert.

Eine aestethisch sehr ansprechende Arbeit, die das handwerkliche Können verrät und an architektonische Herausforderungen erinnert. Die Farbigkeit unterstreicht die Vertäfelung, verleiht dieser ein fast mystisches Aussehen und erinnert mich an fremde Kulturen, die zur Abwehr von Geistwesen diese Farben an Türpfosten gemalt haben.


Die Installation „Ein sehr harter Winter ist, wenn ein Wolf den anderen frisst“ ist als Seitenwagen im Kunst(Zeug)haus, 2020 in Rapperswil gezeigt worden. Es gibt im Ausstellungsraum keine künstlichen Lichtquellen. Der Raum wird durch das Licht der umliegenden Räume beleuchtet, welches durch die schmalen Fenster unterhalb der Decke scheint. Diese Fenster erstrecken sich über drei Wände und lassen im Normalfall in die umliegenden Räume blicken. Für diese Arbeit wurden die Fenster mit Pergaminpapier eingekleidet, so dass sie zwar Licht in den Raum lassen, jedoch nur einen sehr diffusen Blick nach aussen erlauben. Die Heizung im Raum ist abgedreht  worden, so dass es über die Dauer der Ausstellung von August bis Februar stetig kühler wurde.

Die Installation steht sinnbildlich für das Ausgeliefert-Sein und umfasst Momente potenzieller Gefahren. Die Besucher:innen wurden auf ihre inneren Vorstellungen mit Räumen angesprochen und spielen mit den unterschiedlichen Wahrnehmungen oder mit Ängsten eingesperrt zu sein. Zusätzlich war die Installation an einem Tag  mit einer Performance mit elektroakustisch verstärkter Percussion vom Musiker Simon Scherrer verbunden. Die Gefühle des Ausgeliefert-Seins sind verstärkt worden. Die Symbolik des Wolfs, ein wildes Tier mit starken Verbindungen zu Sagen und Märchen und als Jäger und Gejagter hat dazu beigetragen, dass eine Projektionsfläche für Ängste ausgebreitet worden ist. Der Künstler hat mit seiner Installation zu den Gefahren in Räumen einen Bogen geschlagen. Er hat mit dem Symbol Wolf ein Sinnbild für die Ängste des Menschen geschaffen. Eine Installation, die auf mich stark gewirkt hat und eine Reflexion über die eigene Situation auslösen konnte.



Unterhalb  der Skulptur fliesst ein unterirdischer Bach. In einem Umkreis von wenigen Metern Entfernung zur Skulptur befinden sich mehrere von Gras verdeckte Schächte, durch welche das Rauschen des Bachs an die Oberfläche dringt und hörbar wird. Je näher man sich von den umliegenden Wegen der Skulptur nähert, desto deutlicher und lauter wird das Fliessen hörbar. Eine tatsächliche Verbindung zwischen Skulptur und unterirdischem Bach besteht nicht. Ungefähr 15 Meter von der Skulptur entfernt, tritt der Bach umgeben von hohem Gras und kaum sichtbar, an die Oberfläche und fliesst talwärts. Die Skulptur war Teil der Gruppenausstellung „zur frohen Aussicht“ in Ernen, von Juni bis September 2019 installiert.

Eine interessante Installation in der Natur, die sicht- und hörbar macht, wie die Natur mit ihren Geräuschen auf uns wirkt. Der Bach kann für das stete, ständige  Fliessen gelesen werden. Der Bach fliesst vor sich hin, ist in ständiger Bewegung und doch immer am gleichen Ort. Der Künstler schafft damit eine starke Verbindung zur Natur, die wir zu wenig schätzen oder sogar meinen, dass wir dieser überlegen sind. Wir brauchen die Natur. Die Natur braucht aber den Menschen nicht.

Tomas Baumgartner ist, aus meiner Sicht, ein interessanter Künstler, der sich mit unbewussten Prozessen und Phänomenen in eindrücklicher Art auseinander setzt. In seinen Installationen entstehen Verbindungen unserer Zivilisation mit der Natur. Da geht der Künstler auf die Suche nach Verbindungen. Er setzt in unserem Bewusstsein Signale, die uns daran erinnern, dass wir nicht die Krone der Schöpfung sind.

Eduard Hauser

Autor

Kulturblogger Glarus

Kontakt

Hauser Eduard
Blogger
Biäschenstrasse 10
8872 Weesen
hauser.eduard@gmail.com
0793758199

Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

05.01.2023

Webcode

www.glarneragenda.ch/qffAju