Regierungsrat Markus Heer mit der 90-jährigen Schriftstellerin Eveline Hasler. Foto: cet
Regierungsrat Markus Heer mit der 90-jährigen Schriftstellerin Eveline Hasler. Foto: cet
Ehrung von Eveline Hasler
Ehrung von Eveline Hasler
Anna Göldi Musueum
Anna Göldi Musueum
Aquarellmalerei von Eveline Hasler
Aquarellmalerei von Eveline Hasler

Kultur, Literatur

Eine humorvolle Eveline Hasler freut sich über den Kulturpreis

Am 29. April ist die Autorin Eveline Hasler im Anna Göldi Museum mit dem Kulturpreis des Kantons Glarus  ausgezeichnet worden. Es war eine Feier mit viel Publikum, angenehmer Stimmung und einer humorvollen Geehrten. Gastgeber Markus Heer, Vorsteher des Departements Bildung und Kultur sowie Literaturkritikerin Beatrice von Matt als Laudatorin würdigten das reiche Schaffen der 90-jährigen Schriftstellerin.

Eveline Hasler, 1933 in Glarus geboren, ist mit ihrem umfangreichen Werk vielfach national und international ausgezeichnet worden. Am Anfang ihrer Laufbahn hat Eveline Hasler Kinder- und Jugendbücher geschrieben, darunter "Komm wieder, Pepino!".

Danach folgten lyrische und erzählerische Werke. Bekannt ist sie unter anderem auch mit ihren Romanen, in die sie ein Stück Schweizer Geschichte verwebt hat. Ihre Bücher sind in zwölf Sprachen übersetzt worden.

Ihre erste historische Biografie „Anna Göldin. Letzte Hexe, 1982“ beschreibt das Leben der Anna, die der Hexerei bezichtigt worden ist. Der Auszeichnungsort im Anna Göldi Museum ist sehr stimmig gewählt worden. Eveline Hasler hat auch über andere historische Persönlichkeiten geschrieben, beispielsweise über Emilie Kempin-Spyri, die erste Schweizer Juristin mit Doktortitel, ein einschneidender Weg zu akademischen Ehren. Und über Rösy Fäh, eine Schweizerin, die in Frankreich Hunderte jüdische Kinder vor den Nationalsozialisten beschützt hat. Über Henry Dunant, den Gründer des IKRK.

Auch Glarner Persönlichkeiten fanden Eingang in Haslers Schaffen. Dazu gehört beispielsweise der in Linthal geborene Melchior Thut, der mit seiner Körpergrösse von zwei Metern dreissig auf Jahrmärkten zur Schau gestellt worden ist und in deutschen Heeren diente.

2020 folgte ein Erzählband, der sich mit Schriftstellern und Kunstschaffenden beschäftigt.

Haslers Romanfiguren sind oft Menschen am Rand der Gesellschaft, so genannte Aussenseiter. Wie erleben sie die Gesellschaft und ihre Zeit? Anders als die meisten - somit kommen 
Widersprüche auf, weil diese Figuren nicht zum herrschenden Zeitgeist passen. 

Bei den von Hasler gezeichneten Frauen geht es um ein Umfeld, das nicht bereit war, ihre Fähigkeiten zu erkennen und zu akzeptieren. Ihre Beschreibungen entsprechen einem feinen Sensorium für gesellschaftliche Strukturen und die vorherrschende Kultur. Macht und Ordnung der Geschlechter aus der damaligen Zeit erinnern bis heute an zu bemängelnde Rahmenbedingungen, vor allem wenn man an die Gleichberechtigung der Geschlechter in unserer Zeit denkt.

Ausgerechnet der Roman über Anna Göldin hat Eveline Hasler berühmt gemacht. Die Glarner Obrigkeit hat, mit der Rehabilitierung von Anna im Jahr 2008, wahrlich keinen „Blumentopf“ gewonnen, darf aber heute auf die erfolgreiche Autorin stolz sein. Die höchste Auszeichnung des Kulturpreises folgt der Glarner Kulturkommission und ist mehr als nur verdient.


Eveline Hasler

Laudatio von Dr. Beatrice von Matt
Die Referentin zeigt auf, dass sich Eveline Hasler in der Literatur mit einem sehr breiten Spektrum einen Namen gemacht hat. Der Roman ist bei ihrer schriftstellerischen Arbeit die Königsdisziplin. Mit ihren Texten kann man in eine Welt verkannter und ausgegrenzter Personen eintauchen. Die Schriftstellerin erweckt die geschilderten Menschen von den Toten und gibt ihnen eine Stimme. Unterdrückte Träume kommen an die Oberfläche. Der geschichtliche Hintergrund der eigenwilligen Protagonisten ist für das Verständnis der sozialen Rollen, seien es Frauen oder Männer, zentral. Im wesentlichen ist der rote Faden bei den  Betroffenen der Entzug der Freiheit. Die erlittenen Repressionen und die  Gewalt wird mit der Sprache  Gestalt gegeben. Die ausgiebigen Recherchen zu den betroffenen Personen werden mit einer einfühlenden und analytischen Intuition verbunden. Als Ausgleich malt Eveline Hasler farbenfrohe Aquarelle, was zu einem Gleichgewicht zwischen analytischer Recherche und intuitiver Beseelung führt.  Die Fantasie des sprachlichen Ausdrucks bringt das Faktische zum Leben. Mit den Reisen vor Ort, dort wo die historischen Momente verwurzelt waren, bilden ein tragendes Element der beschriebenen Geschichten. Das Vergangene wird lebendig. Man kann diesbezüglich von „magischen Orten“ sprechen, die in literarische Alltagsgeschichten gegossen worden sind. Die berühmte letzte Hexe, Anna Göldi wird mit einem republikanischen Freiheitsempfinden und ausgeprägtem Berufsstolz beschrieben. Dies im Vorhof der französischen Revolution. Der aufrechte Gang mit direktem Blickkontakt und die modische Kleidung der Frau waren für die damaligen Gesellschaft nicht einer Frau entsprechend, aber auch mit dem Begehren der Männer verbunden. Solche Frauen sind zu zähmen, sie sind gefährlich und müssen letztlich ausgerottet werden.

Die Schriftstellerin schreibt lebendig und in unterschiedlichen Stilrichtungen. Kanzleideutsch und Mundart  mischen sich mit französischen Vokabeln, so wie es zur damaligen Zeit zum besseren Ton gehört hat. Beflügelte Wörter sind ein charakteristisches Zeichen für Eveline Hasler. Im Roman „Die Vogelmacher“ wird diese Sprache lebendig erlebt. Ikarus dringt in den Texten durch. Die Sprache sind einerseits Zeichen der Dokumente, aber auch der Fantasie. Die verdrängten Geschichten haben bis zur heutigen Zeit nicht an Bedeutung verloren. Die Natur ist letztlich das Credo von Eveline Hasler. Dieses beinhaltet das Irrationale und steht für die feinfühligen Texte über die benachteiligten Menschen.

Regierungsrat Dr. Markus Heer hat als Gastgeber im Namen des Regierungsrats die Veranstaltung ausgerichtet. Er   führt kurz aus, dass die Kulturkommission am 20. Dezember 2022 entschieden hat, den Kulturpreis an Eveline Hasler zu verleihen. „Spät ist besser als nie“ ist eine grundlegende Einsicht. Es könnte schliesslich auch zu spät sein, wenn das Alter der Schriftstellerin berücksichtigt wird. Eveline Hasler ist 90. Der Kanton kann stolz darauf sein, dass die sehr bekannte Autorin in Glarus ihre Wurzeln hat.

In humorvollen Ausführungen schildert Eveline Hasler ihre Kindheit in Glarus. In der Schule, mit 12 Jahren während des Kriegs, ist schon ihr Talent für das Geschichten erzählen deutlich geworden. Selbst die lauten Buben sind still geworden und haben der Geschichte von Eveline gelauscht. Sie ist dankbar dafür, dass sie in Glarus eine schöne Kindheit erleben durfte. Die Bergwelt hat sie stark geprägt. Einerseits sind die Berge so etwas wie „Sicherheit“, andererseits sind sie majestätisch und vermitteln Respekt. Achtung ist der Schlüssel zum Umgang mit der Natur. Die Bescheidenheit über die Bedeutung des Menschen ist in der Umgebung von Bergen deutlich zu spüren. Eveline Hasler verweist auch auf die prekären Arbeitsbedingungen in der damaligen Textilindustrie und freut sich über die schönen Textildrucke, die an der am selben Tag eröffneten Ausstellung "Bunte Tücher, geteilte Geschichte. Auf den Spuren von König Baumwolle" zu sehen sind. Eduard Hauser


Autor

Kulturblogger Glarus

Kontakt

Hauser Eduard
Blogger
Biäschenstrasse 10
8872 Weesen
hauser.eduard@gmail.com
0793758199

Kategorie

  • Kultur
  • Literatur

Publiziert am

30.04.2023

Webcode

www.glarneragenda.ch/jsLr7U