Nein, dieses "Fädeli" hier ist nicht der Namensgeber für den Fädäli-Friitig. Foto: Susanne von Dach
Nein, dieses "Fädeli" hier ist nicht der Namensgeber für den Fädäli-Friitig. Foto: Susanne von Dach

Kultur, Regionale News

Dunkelblau hiess: Schon besetzt!

Der Fädäli-Friitig in Glarus war schon fast totgesagt, nun wird die beliebte Tradition als Beizen- und Strassenfasnacht mit Maskenprämierung Glarus neu aufgerollt. Mit Fäden hat der Fasnachtsfreitag heute nichts mehr zu tun, ganz im Gegensatz zu früher, als das „Umgarnen“ im Zentrum stand – und Farben die Worte ersetzten.

Den 17. Februar hatten einige Fasnachtsfans schon aus der Agenda gestrichen, jetzt aber können sie ihn dick einkreisen: Der Fädäli-Friitig feiert sein Revival und wird „wie am Schnüerli“ laufen – als Beizen- und Strassenfasnacht mit Maskenprämierung. Noch vor wenigen Wochen hing der Fädäli-Friitig, einst von den „Freunden der Glarner Fasnacht“ FGF ins Leben gerufen, buchstäblich am seidenen Faden: Es fehlte schlicht an Restaurants. Und ein Fädeli-Friitig ohne traditionelle Beizenfasnacht – wie soll das gehen?


Gar nicht, fanden engagierte Fasnächtler der Guggen-und Wagengruppen und des Glarner Fasnachtsverbandes (Glafari) sowie einige treue Helferinnen und Helfer. Ad hoc gründeten sie ein Organisationskomitee „für den Erhalt des Fädeli-Friitigs“. Die IG Fädäli Friitig wird am 17. Februar diesen traditionellen Anlass in der Stadt Glarus neu aufleben lassen, mit von der Partie sind sieben Lokale.


Geboren wurde der Fädäli-Friitig in Glarus einst aus einer Konkurrenzsituation heraus. Für den Gründerverein „Freunde der Glarner Fasnacht“ war es nicht hinnehmbar, dass es in Oberurnen einen grossen, gut besuchten Maskenball gab – nicht aber in Glarus. So hoben sie 1985 am Fasnachtsfreitag kurzerhand einen eigenen Maskenball aus der Taufe.


 Im Jubiläumsjahr ausgefädelt


2010, just im Jubiläumsjahr zum 25-jährigen Bestehen, hatte es sich dann ausgefädelt. Nach dem letzten Maskenball unter dem Motto „Verruggt schüni Züglete“ wurde es still im Restaurant Schützenhaus – wo der Fädäli-Friitig seine Premiere in der kleinsten Hauptstadt gefeiert hat, blieb es fortan während der fünften Jahreszeit dunkel. In den Strassen und Beizen hingegen lief das bunte Treiben des Fädäli-Friitigs weiter.


Allerdings: Fäden sucht man am Fasnachtsfreitag damals wie heute in Glarus vergeblich. Was haben sie dann im Namen zu suchen? Ich höre mich um und stosse auf verschiedene Bedeutungen. Eine besagt: Am „Fädeli-Friitig“ hänge die Partnerschaft, Ehe oder Freundschaft an einem dünnen Faden, da das feuchtfröhliche nächtliche Zusammensein allerlei heimliche Erlebnisse zur Folge haben könne. Eine andere: Beim Narrentreiben werden die Menschen gnadenlos veräppelt, also am Seile, gar an den Seilen heruntergelassen – ohne, dass jemand dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann. Noch eine andere: Es kann einem angesichts der Alkoholmengen schon mal den Faden reissen.


 Gäreli-Friitig


So logisch diese Interpretationen auch wirken mögen – der Ursprung liegt anderswo, nämlich Mitte des 19. Jahrhunderts im Glarner Hinterland. In der Hochblüte der Textilindustrie hiess der „Fäädeli-Friitig“ zu jener Zeit „Gäreli-Friitig“, wie Richi Bertini, bekannt als „Zigermanndli“, für die „Südostschweiz“ recherchiert hat: Gemäss Bertini wurde der „Gäreli-Friitig“ am Freitag vor der alten Fasnacht gepflegt – es war praktisch die einzige Gelegenheit gewesen, das Tanzbein in der Öffentlichkeit zu schwingen.

Somit bot sich die seltene Chance, das andere Geschlecht im wahrsten Sinn des Wortes mit Spinn- und Webgarnfäden zu „umgarnen“. Das funktionierte so: Die Burschen, die in den Textilbetrieben arbeiteten, mischten sich in die Nähe ihrer auserwählten jungen Arbeiterin, um mit einem „Gäreli“ verziert zu werden. Dabei ersetzten die Farben die Worte. Blau hiess zum Beispiel: „Ich möchte sehr gerne morgen mit dir tanzen.“ Dunkelblau hingegen bedeuete „schon besetzt“. Und Gelb wünschte sich gar niemand, es stand für: „Ich mag dich nicht.“


 Ausnahmezustände


In der Hauptstadt Glarus gehört der Fädäli-Friitig seit bald vier Jahrzehnten untrennbar zur Fasnacht. Da muss doch ein riesiger Schatz an Erinnerungen, Geschichten, Erlebnissen vorhanden sein! Ich mache mich auf die Suche und werde im Traditionsgeschäft Glarussell in Glarus fündig. Dort treffe ich auf Nadya Schnider, die hier in einem Teilzeitpensum arbeitet, in Mollis wohnt und von ihren Fädäli-Friitig-Erlebnissen in früheren Zeiten schwärmt. „Ausnahmezustände“ seien es gewesen, wenn sie die Maskenbälle im Schützenhaus Glarus besucht habe: „Die Anlässe waren äusserst beliebt und zogen viele Leute an. Musik und Tanz, Barbetrieb sowie der Maskenball mit Prämierung erlebte ich als absolutes High-Light.“ Sie erinnere sich bestens an die ausgelassene Stimmung und an Nächte, an denen das Tanzen und Scherzen kein Ende nehmen wollte.


Und so soll es auch 2023 wieder sein. Der Fasnachtsfreitag in Glarus ist eingefädelt, auf dass das pulsierende Fasnachtstreiben zurückkehre. Für die „Festtage“ aller Fasnachtbegeisterten haben sieben Restaurationsbetriebe ihre Türen geöffnet. Ab Riedern werden die Guggen starten: Hunghafä, Chäller Rattä, Linthböllä, Tümpelgumper und Wiggisschränzer spielen an verschiedenen Orten auf. Die Wagengruppen zeigen sich mit neuen Mottos, sie beglücken die Besucher ab 20.30 Uhr auf dem Rathausplatz Glarus. Spätestens ab dann bleibt nur noch ein Motto: An den Seilen herumturnen, den Faden nicht zum Reissen bringen und vielleicht sogar der oder dem Auserwählten eine Fädäli-Botschaft in der richtigen Farbe ans Kostüm heften. Rot heisst übrigens – wen erstaunt’s – „Ich liebe dich“.

Susanne von Dach


 


 


 


   


       


 


 


 


 


 

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Brauchtum / Feste
  • Glarus
  • Ostschweiz

Publiziert am

14.02.2023

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