Tomas Baumgartner - Portrait
Tomas Baumgartner - Portrait
Installation - Kunst(zeug)haus Rapperswil
Installation - Kunst(zeug)haus Rapperswil
Installation - Kunst/zeug)haus Rapperswil
Installation - Kunst/zeug)haus Rapperswil
Installation - Kunst(zeug)haus Rapperswil
Installation - Kunst(zeug)haus Rapperswil
Coat 2020, Holz, Gummi, PVC, Tinte - Halle Nord Genf
Coat 2020, Holz, Gummi, PVC, Tinte - Halle Nord Genf

Glarus

Der Glarner Künstler Tomas Baumgartner im Kunst(zeug)haus Rapperswil

Der Glarner Künstler Tomas Baumgartner zeigt seine Installation:"Ein sehr harter Winter ist, wenn ein Wolf einen anderen frisst" - noch bis zum 7.2.21

Tomas Baumgartner - *1990 – lebt in Engi und hat schon eine beachtliche künstlerische Karriere hinter sich gebracht. Er hat die Möglichkeit erhalten im Kunst(zeug)haus Rapperswil in der Werkreihe „Seitenwagen“ seine Installation „ein sehr harter Winter ist, wenn ein Wolf einen anderen frisst“ zu zeigen. Der „Seitenwagen“ zeigt Nachwuchspositionen unter 30 Jahren. Die Ausstellung ist unterstützt von der Kulturförderung des Kantons Glarus, Swisslos und der Stiftung Anne-Marie Schindler.

Die Installation wölbt sich unterhalb der Decke in den Raum und erzeugt ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Die dunkle PVC-Blache ist den Kräften von oben ausgesetzt und baucht sich dicht über den Köpfen der Besucher*innen. Der Künstler schafft den Moment einer potenziellen Gefahr, einer Situation, die nicht erfasst oder abgeschätzt werden kann. Im Fokus steht die unbeeinflusste und persönliche Wahrnehmung des Eingriffs im Kabinettraum. Besucher*innen werden auf ihre subjektiven, inneren Vorstellungen von Räumen zurückgeworfen. Die Menschen nehmen Räume mit ihren Sinnen ganz unterschiedlich wahr. Der subjektiven Wahrnehmung folgen Projektionen, die – abhängig von gemachten Erfahrungen – ganz unterschiedlich sind. Es kann sein, dass der Betrachter*in mit dem Gefühl „eingesperrt“ zu sein reagiert, je nachdem wie stark klaustrophobische Ängste mit frühen Prägungsmustern vorhanden sind. Der Mensch sucht aber auch nach Wahrnehmungen, die für ihn ein ganzheitliches Erlebnis bieten. Die Intervention mit der Blache liefert ein sinnvolles Ganzes, indem eine Stimmung im Raum entsteht, die ganzheitliche und sinnliche Wahrnehmungen über das Sehen, das Hören, das Fühlen oder das Spüren angeboten werden. Am 28.11.20 ist die Intervention von Tomas mit einer Sound-Skulptur verbunden worden. Der Musiker Simon Scherrer beschallt die Installation einen Tag lang und improvisiert zu jeder vollen Stunde mit elektroakustisch verstärkter Percussion. Die Installation wird auf diese Weise mit einem klanglichen Environment erweitert.

Die Verbindung der räumlichen Anordnung mit dem Wolf ist zwar etwas überraschend, führt aber in die Welt der Mythen und Märchen. Der Wolf steht in den sagenhaften Geschichten für die Gefahr, das Unbekannte oder für Momente, die nicht klar sind, was nachher geschehen wird.

Der Wolf ist ein Tier, welches stark mit Sagen und Märchen verknüpft ist. In den erzählten Geschichten lernen die Kinder sich vor dem Wolf zu fürchten. Das Rotkäppchen lehrt uns, dass die Schlauheit des Wolfs nur bis zum Moment reicht, wo er seinen Magen vollgeschlagen hat. Er schläft träge ein und wird so selbst zur Beute. Es ist immer der Jäger, der den Wolf zur Strecke bringt. In der Figur des Jägers versteckt sich die wahre Natur des Wolfs. Weil er selbst ein Jäger ist, steht er in Konkurrenz zum Menschen. Der Wolf jagt aber aus niederen Instinkten, der Mensch um für Ordnung und zivilisiertes Miteinander zu ermöglichen. Der Wolf ist dem Menschen unterlegen, weil er dumm sein soll und gefrässig ist. Der schlaue Fuchs wird dem dummen Wolf gegenübergestellt. Der Wolf ist in der Zivilisationsgeschichte zur Projektionsfläche für vielfältige Ängste geworden. Dass diese Ängste und Projektionen nach wie vor eine starke Verbreitung haben, hat die letzte Abstimmung zum Tierschutzgesetz vor Augen geführt, mit sehr stark emotional geprägten Debatten zwischen Befürwortern des Gesetztes und ihren Gegnern.

Der Wolf hilft mit, dass das Gleichgewicht bei der Artenvielfalt erhalten werden kann. Er jagt vornehmlich Tiere, die sich leicht erbeuten lassen. Mensch und Wolf haben sich noch nie wirklich verstanden. Früher gab es eine Partnerschaft zwischen menschlichen Jägern und dem Wolf. Man kann diese Beziehung sogar als bedeutende Innovation der Menschheit lesen. Menschen und Wölfe sind sich in ihrer Lebensweise häufig einig. Beide sind Laufjäger, leben in kleinen Gruppen, kooperieren innerhalb der Gruppen sehr gut beim Jagen und der Aufzucht der Kinder und verteidigen sich gegen ihre Nachbarn. Aus dieser Beziehung sind unsere Hunde, die besten Freunde des Menschen, hervorgegangen. Allerdings müssen durch die Rückkehr des Wolfs die Herden von Schafen in kürzeren Abständen kontrolliert werden. Mit Sicherheit ist der Wolf kein Kuscheltier, aber ebenso wenig eine wilde Bestie. Die Gefahr als Mensch von einem Wolf angegriffen zu werden ist praktisch null. Begegnet der Mensch dem Wolf mit Respekt, entstehen beim Zusammenleben keine Probleme.

Tomas Baumgartner hat mit seiner Installation einen Bogen geschlagen, der von Gefahren in Räumen ausgeht und mit dem Wolf in der Natur ein Sinnbild für die Ängste des Menschen geschaffen hat.

Eduard Hauser

Autor

Kulturblogger Glarus

Kontakt

Hauser Eduard
Blogger
Biäschenstrasse 10
8872 Weesen
hauser.eduard@gmail.com

Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

08.12.2020

Webcode

www.glarneragenda.ch/7qwNA7