Raff Basel 2
Raff Basel 2
Raff Basel
Raff Basel

Gaster / See, Glarus, Basel

Der frühe Tourismus im Glarnerland: musikalisch-literarische Reise

Vor 150 Jahren erlebte auch der Kanton Glarus einen ersten Tourismus-Boom, die Verkehrswege wurden zunehmend erschlossen. Eine moderierte Konzertlesung mit dem Klavierduo Zbinden erzählt davon.

 


Das Glarner Klavierduo Daniel und Vilma Zbinden hat sich intensiv mit der Musik von Joachim Raff beschäftigt, der 1822 in Lachen geborene und auch dank der unermüdlichen Arbeit der Joachim-Raff-Gesellschaft zunehmend wiederentdeckte Komponist. Seine vierhändigen Werke sind ähnlich wie Franz Liszts „Années de Pèlerinage“ oftmals tonmalerische und hochromantische Beschreibungen von typischen Landschaftsbegegnungen in der Schweiz. Dies hat Daniel Zbinden vor einigen Jahren inspiriert, Raffs Musik mit einer moderierten Lesung zu verbinden. Wobei diese literarischen Zeugnisse aus derselben Zeit stammen sollten.


Seit Neusten gibt es nun ein Programm von ihnen, das unter Mitwirkung der Autorin Swantje Kammerecker sowie von Raff-Biograf Res Marty und Yvonne Götte entstand und das eine musikalisch-literarischen Tour d’ horizon der Glarner Tourismuslandschaft von Mitte 19. bis Beginn 20. Jahrhundert aufzeigt. Eine Reihe temperamentvoller wie lyrischer Raff-Werke ist zu hören, dazwischen werden Dichter wie Carl Spitteler, Alexandre Dumas, C.F. Meyer, Karl Kraus, aber auch die Komponisten Joachim Raff und Richard Wagner im O-Ton zitiert. Dieses ca. fünfviertelstündige Gesamtwerk wurde am 6. Juni zum ersten Mal anlässlich einer festlichen Jubiläumsversammlung der Schweizer Pensionskasse Musik & Bildung im Zunftsaal Schmiedenhof Basel aufgeführt. Hans Brupbacher, Gründer und langjähriger Leiter der Glarner Musikschule und hochverdientes Vorstandsmitglied der Pensionskasse, hatte die fünfköpfige Gruppe engagiert. So wurde den Anwesenden ein lebendiger Einblick in die frühe Tourismusgeschichte des Kantons Glarus und dessen Naturschönheiten vermittelt. Komponist Joachim Raff schildert selber in einem noch nicht lange entdeckten Brief von 1867 seinen Aufenthalt im Glarnerhof, im Klöntal sowie beim Tierfehd und am Fätschbachfall. Noch nicht lange war die Reiseroute mit der Eisenbahn von Zürich nach Glarus erschlossen (1859), bis Linthal aber hiess es noch die Postkutsche nehmen, da dorthin erst 20 Jahre später die Eisenbahn fuhr. Dann aber, mit dem bald weltberühmten Heilbad Stachelberg bei Linthal, verkehrten hier sogar Kurswagen von Paris. Noch abenteuerlicher reisen musste Alexandre Dumas, der vor der Eisenbahn-Ära zwischen Weesen und Glarus mit einem gemieteten Einspänner unterwegs war und in Näfels von einem spektakulären Kutschenunfall berichtet. Auch die von Dumas anschliessend mit dem Mitlödner Jäger Lehmann unternommene Gemsjagd geht nicht ohne Zwischenfall von sich, was mit dem folgenden Musikstück „Glückliche Reise“ leicht ironisch kommentiert wird. Eher beschaulich sind Beschreibungen von den Wasserspiegelungen des „Klönsees“ (schon Anfangs 19. Jahrhundert berühmt) oder von stillen Bachlandschaften, illustriert durch passende Klavierstücke. Die spöttischen Berichte Carl Spittelers über den immer grössenwahnsinnigeren Tourismus und die Eigenheiten internationaler Gäste an den berühmten tables d’hotes lassen schmunzeln, sie werden entsprechend musikalisch untermalt. Richard Wagner, der wie auch Napoleon III., die Herzogin von Orléans oder der deutsche Feldherr Moltke die pompösen Stachelberg-Bäder besuchte, berichtet, dass ihm die Natur wunderbare Einfälle eingäbe. Joachim Raff, einer seiner Komponisten-Kollegen und teils sein Kontrahent („die Wagner-Frage“) mochte es etwas bescheidener, er logierte mit seiner Frau zuhinderst im Tal, in der Bauernwirtschaft Bären, erkundete zu Fuss Linthschlucht, Uelialp und den an der „Klausen-Chaussee“ gelegenen Fätschbach-Wasserfall. Von den frühen Touristen-Hotspots im Glarnerland gibt es einige bildliche Darstellungen in Form alter Postkarten, Fotografien und Gemälde, welche Yvonne Götte zu einer eindrücklichen Schau zusammengestellt hat und welche auch dem Auge etwas boten.


Das Programm „Musikalisch-literarische Reise durchs Glarnerland mit Joachim Raff“ hat in Basel das Licht der Welt erblickt und positiv für den Kanton Glarus geworben. Nebst früheren Produktionen der Gruppe (u.a.  „Musikalisch-literarische Reise durch die Schweiz mit Joachim Raff“ und „Musikalisch-literarische Reise durchs Berner Oberland mit Joachim Raff“) ist es zu ihrem Favoriten geworden. Das Klavierduo Zbinden und ihre beiden Lektoren halten es sich warm – denn weitere Aufführungen im Glarnerland selber, sei es in einem öffentlichen Konzert oder als Rahmenprogramm für Festanlässe, können sie sich sehr gut vorstellen. Die unterhaltsame wie informative Moderation könnte auch Einheimischen manches Aha-Erlebnis verschaffen. 


Bilder: Yvonne Götte / Text: Swantje Kammerecker

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Basel
  • Gaster / See
  • Glarus

Publiziert am

13.06.2018

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