es ist angerichtet! / Bild von Eva Gallati
es ist angerichtet! / Bild von Eva Gallati
es darf gestöbert werden / Bild von Eva Gallati
es darf gestöbert werden / Bild von Eva Gallati
langsam kein Platz mehr! / Bild von Lucas Hoang bei unsplash
langsam kein Platz mehr! / Bild von Lucas Hoang bei unsplash

Glarus

Benutzen statt Besitzen

Neulich fand im Rahmen der Ausstellung Kunst und Konsum, welche durch den Verein KlimaGlarus organisiert und durchgeführt wurde, ein Kleidertausch-Event statt. Dank vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern konnte er bereits zum zweiten Mal durchgeführt werden.

von Eva Gallati, Kultur-Bloggerin

Wieder einmal diente der Güterschuppen als Umschlagplatz für Waren. Gebrauchte Kleider, die nicht mehr passen, nicht mehr gefallen, durch Neues ersetzt wurden und somit für die Träger:innen keinen Wert oder Nutzen mehr darstellen, wurden in grosser Menge und Vielfalt vorbei gebracht. Die Helfer:innen hatten am Vorabend die in Säcken angelieferten Spenden ausgepackt, Sachen begutachtet, sortiert und schön zusammengefaltet. Sie wurden auf Tischen und auf Bügeln an Kleiderstangen präsentiert. Es gab einige unappetitliche Entdeckungen, die schnell im Abfall landeten, damit sie fachgerecht entsorgt werden konnten. Das Angebot war danach ansprechend, sowohl visuell als auch olfaktorisch. Eine Umkleidekabine war hinter einem Vorhang eingerichtet, sie wurde rege benutzt.


 

Abendkleider und Jeans

 

In der Schweiz kauft jede Person pro Jahr durchschnittlich 60 neue Kleidungsstücke. Eine Jeans wiegt 500 Gramm, ein T-Shirt 200, ein Kleid 300 Gramm. Jacken und Mäntel fallen mehr ins Gewicht. Nehmen wir ein durchschnittliches Gewicht von 350 Gramm pro Kleidungsstück, wiegen unsere jährlichen Kleiderkäufe 21 Kilogramm. Im Jahr 2021 landeten pro Person 7,5 Kilogramm Kleider im Altkleidersack. Es sammeln sich also jährlich 13,5 Kilogramm zusätzliche Textilien pro Person an. Das gibt Dichtestress im Kleiderschrank! Der Weg, ausgediente Textilien gratis loszuwerden, indem man sie „in einen Sack tut“, ist in der Zwischenzeit mehr als sehr umstritten. Dank zahlreicher Medienberichte ist nun breiten Kreisen bekannt: die gesammelten Textilien haben einen weiten Weg vor sich, auf dem sie verschiedenen Händlern Bares in die Hände spielen. Am Ende ihres Weges landet ein nicht unerheblicher Teil davon auf einer Müllhalde, wo er langsam vor sich hin mottet und dabei giftige Gase in die Luft abgibt. Menschen klettern auf der Suche nach Essbarem und wiederverwendbarem Material auf diesen brennenden Müllbergen umher, viele Kinder. Krank, mager, schmutzig. Neuerdings gibt es auch Fotos, welche ganze Inseln aus Altkleidern im Meer zeigen.



Wenn wir unsere nicht mehr benötigten Kleider innerhalb des Landes weitergeben, tun wir etwas Gutes. Wir schonen die Umwelt, wir stoppen ein Stück weit auch unsere Gier. Vielleicht wird ein spielerischer Umgang, eine Art Jonglieren möglich, wenn wir uns darin üben, weniger an materiellen Dingen hängen und sie leichter und freudiger weiter geben. Wenn ich diese liebevoll arrangierten Altkleider sehe, verspüre ich (zugegeben, ganz weit hinten!) den Brunch-Effekt: vor einem üppigen Buffet stehend, verspüre ich plötzlich keinen Appetit mehr. Oder weniger.


Es gibt heute genügend Möglichkeiten, seine ausgedienten Sachen weiter zu geben, und all dies fördert auch den sozialen Austausch und die Wertschätzung für einander und für die Dinge die unser Leben materiell ausstatten.

 

  • Secondhand-Läden für die edlen, fast neuen Teile, sie arbeiten meist mit dem Kommissions-System. Vom Erlös jedes verkauften Teils bekommt die bringende Person einen prozentualen Anteil bar ausbezahlt oder als Gutschrift für spätere Einkäufe
  • wohltätige Institutionen wie z.B. der Soli-Shop (welcher die seinerseits unverkauften Sachen an die Schweizer Berghilfe weiterreicht)
  • Kleidertausch
  • Flohmarkt
  • gezielt verschenken

 


Wie billig dürfen Kleider sein?



Neben Marken wie ZARA, Chicorée oder dem Online-Händler SHEIN, die kaum ein Umwelt- oder Nachhaltigkeitsgewissen zu haben scheinen, muss aber auch die Secondhand- Sparte sorgsam beobachtet werden. Das Hamstern ist eines der Probleme.


In einer Sozialunterkunft war der Besenschrank in der Küche mit schmutzigen gespendeten Kleidern vollgestopft worden und blieb monatelang verschlossen, bis die Bescherung von einer Betreuerin entdeckt wurde.




In einem Secondhandladen wurde ein grosser Koffer voller Kleider angeboten, durch Zufall erkannte die Inhaberin darin Kleidungsstücke, die sie selber einer wohltätigen Organisation gespendet hatte.


Leute mit hohem Einkommen kaufen in den Shops ein, die für Bedürftige geschaffen wurden. Häufig sind sie auf der Jagd nach Luxusmarken-Artikeln.


Das ist alles unerfreulich, befremdend und nicht das, was die Initiantinnen bezwecken, doch gehört es wohl bei neu erscheinenden Marktformen dazu, dass sie bisweilen auch eine Zeitlang ein bisschen ins Kraut schiessen. So lange es Privatpersonen sind, die im bescheidenen Ausmass profitieren, habe ich auch nichts dagegen. 


Bescheiden konsumieren, sich unbescheiden freuen!

 


 

 

Autor

Kulturblogger Glarus

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Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

18.06.2023

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