Festschrift 100 Jahre Kulturgesellschaft Glarus - Cover Dafi Kühne
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Bluthochzeit
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Kinderoper
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Buon Appetito
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Sol Gabetta
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Sommernachtstraum
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Glarus

100 Jahre Kulturgesellschaft Glarus 1920 - 2020

Darstellung der vielfältigen Aktivitäten der Kulturgesellschaft Glarus: Musik, Theater und Ds Dritt Programm

Die Kulturgesellschaft Glarus ist als Verein eine „vertragsmässige Verbindung von zwei oder mehr Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks mit gemeinsamen Kräften oder Mitteln“. Sie feiert 2020 das 100 Jahre Jubiläum. Dazu herzliche Gratulation. Da lohnt es sich, genauer hinzuschauen und die Aktivitäten und Prinzipien des Zusammenwirkens detaillierter zu betrachten. Die „Personenvereinigung“ und die „gemeinsame Zweckverfolgung“ sind die Grundpfeiler ihres gemeinsamen Tuns. Die Ausrichtung der Kulturgesellschaft erfüllt die Grundüberlegungen des Kulturkonzepts Kanton Glarus; „kleinräumig und weltoffen“. Die Aktivitäten bauen auf drei Säulen: Musik, Theater und Ds Dritt-Programm, welches auf Kleinkunst fokussiert. Die Programme legen den Fokus auf regionale und internationale Künstler*innen. Die „Personenvereinigung“ spiegelt sich im derzeit 14-köpfigen Vorstand und den 521 Mitgliedern. Von 1999 bis 2020 hat sich der Mitgliederbestand von 430 auf 521 erhöht. Gestartet ist die Gesellschaft vor 100 Jahren mit 30 Mitgliedschaften. Diese Entwicklung ist erfreulich und zeigt auf, dass die Gesellschaft längst bei der Bevölkerung angekommen ist. Die Mitglieder*innen rekrutieren sich aus Einzel-, Paar- und Ehrenmitgliedschaften. Der Vorstand setzt sich aus Vertretern*innen der erwähnten drei Ressorts zusammen und arbeitet ehrenamtlich. Sein aktives und starkes Engagement und die Nutzung der vorhandenen Netzwerke tragen dazu bei, dass qualitativ hochwertige Programme entstehen können. Die Einzigartigkeit der Angebote und deren kritische Hinterfragung sind auf den Bedarf der Zielgruppen ausgerichtet. Die Pflege der Kundschaft ist ein zentraler Punkt. Die Gesellschaft strebt eine noch stärkere Durchdringung bei den Mitgliedschaften im Glarnerland an. Regelmässige Umfragen fühlen immer wieder den Puls bei den Interessenten und führen zur Verbesserung der gebotenen Programme. Die Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren stark professionalisiert. Ein neues Erscheinungsbild, aktive Werbung mit eigenständigem Internetauftritt und die Verankerung in den sozialen Medien. Diese Wirkung nach aussen wird mit einer verbesserten Organisation und Administration nach innen ergänzt. Bei der grossen Anzahl Vorstandsmitglieder können die anstehenden, zeitaufwändigen Aufgaben nach Interesse, Erfahrung und Knowhow aufgeteilt werden. Die Sponsoren wissen die Professionalität der Programme, die aktive Öffentlichkeitsarbeit der Kulturgesellschaft Glarus sowie die engagierte organisatorische Arbeit im Hintergrund zu schätzen. Sie rekrutieren sich aus vielen Kleinsponsoren und den Hauptsponsoren glarnerSach und Glarner Kantonalbank. Die Gesellschaft wird regelmässig von privaten Gönnern mit Legaten bedacht. Ein wichtiger Garant und Unterstützer ist die Kulturförderung des Kantons Glarus mit dem SWISSLOS Kulturfonds. Die gesprochenen Beiträge und zugesicherten Defizitgarantien ermöglichen Planungssicherheit bei der Programmgestaltung. Diese Unterstützung erlaubt es, auch beim Engagement bekannter Künstler*innen vernünftige Ticketpreise zu offerieren. Die „gemeinsame Zweckverfolgung“ fördert Kultur auf drei verschiedenen Ebenen: die Musik, das Theater und die Kleinkunst. Das Glarnerland verfügt nebst Veranstaltungen der Kulturgesellschaft Glarus über einige „Leuchttürme“, die in verschiedenen Bereichern das kulturelle Gut des Glarnerlandes fördern. Das Kunstahaus Glarus hat in seiner langen Geschichte heute einen international beachteten Stellenwert erreicht. Das Anna Göldi Museum setzt starke Momente bei den Gleichstellungs- und Menschenrechtsfragen in der aktuellen Gesellschaft, aufbauend auf der tragischen Figur der „Anna Göldi“. Der Freulerpalast erinnert an die kriegerischen Ereignisse der Eidgenossenschaft und an die damalige Textilindustrie mit weltweiter Bedeutung. Aus meiner Sicht ergeben sich zwischen den Leuchttürmen inhaltliche Synergien. Ein Beispiel ist die Ausstellung „PAX“ im Freulerpalast, die mit dem Kunsthaus während der Renovationszeit in Kooperation durchgeführt worden ist. Auch zwischen der Kulturgesellschaft Glarus und diesen Institutionen sind vermehrte Synergien denkbarEs ist eine lange Tradition, die Generalversammlung des Vereins im Freulerpalast durchzuführen, mit offenen Kurzgalas für Interessenten. Die Musik ist in der Kulturgesellschaft Glarus das erstgegründete Ressort. Sie hat einen hohen Stellenwert und ist in den vergangenen 50 Jahren national und international stark beachtet worden. Die Vision der Gründer, dass sich auch internationale Künstler zu Konzerten ins Glarnerland begeben, erfüllt sich heute. Der Schwerpunkt liegt bei der klassischen Musik. Klavier-Rezitale mit berühmten Pianisten, Kammermusikkonzerte mit Streichern und Bläsern und Liederabende erfüllen die Erwartungen der Besucher*innen. Es gibt immer Raum für Spezielles. Jazz und Klassik, ein Flamenco Abend, Ballettaufführungen, Crossover und auch Volksmusik sind dargeboten worden. Der Auftritt des Zürcher Tonhalle-Orchesters oder des grossen Pianisten Alfred Brendel sind im Gedächtnis verankert. Die NZZ schreibt „Glarus pflegt seine Rituale wie kaum ein anderer Kanton“. Dazu gehören die Regierungskonzerte, die alle zwei Jahre stattfinden und immer ein hohes Publikumsinteresse auslösen. Die Idee stammt von Rolf Schmid, der 1941 – 1954 selbst Regierungsrat gewesen ist. Im Hintergrund ist die Überzeugung, dass ein reiches Kulturleben nicht nur für eine umfassende Bildung förderlich ist, sondern die Standortqualität positiv beeinflussen kann. Dass diese Initiative während des Zweiten Weltkriegs entstanden ist, gilt als bemerkenswert und zeigt, dass gerade in Krisensituationen kulturelle Werte ins Bewusstsein der Menschen rücken können. Die Durchführungsorte der Konzerte zeigen, dass es Kooperationen gibt; die Aula der Kantonsschule, der Freulerpalast, die Kirche Näfels, die Stadtkirche Glarus sind Beispiele. Eine neue Idee ist die Durchführung von Kinderkonzerten. Hier gibt es noch „Luft nach oben“. Seit 1975 – mit der Gründung des Theaterressorts – führt die Kulturgesellschaft ein reguläres, in Eigenregie und mit Kooperationen zusammengestelltes Programm durch. Die Bemühungen des Vorstandes um Vielfalt und Qualität tragen Früchte. Seit über 20 Jahren besteht eine regelmässige Zusammenarbeit mit dem Landestheater Tübingen. Es sind die Theater Biel/Solothurn, das Theater des Kantons Zürich, das Voralberger Landestheater und die Theatersportgruppe Winterthur dazugestossen. Sensationserfolge waren 2003 Bertold Brechts „Das Leben des Galilei“ mit über 450 Besuchern*innen. Das Theater Kanton Zürich, das einst bei der Gründung des Theaterressorts der Gesellschaft eine wichtige Rolle gespielt hatte, wurde in den letzten Jahren, nach einer Pause, wieder ein wichtiger Partner. Beispielsweise mit der Aufführung „Bluthochzeit“, „König Ubu“ oder „Don Juan und die Liebe zur Geometrie“ in einer vollbesetzten Freiluftaufführung. Die Aufführung von Shakespears Klassiker „Ein Sommernachtstraum“ vor dem abendlich eindunkelnden Vorderglärnisch, war ausverkauft. 2018 ist das Musical „In 80 Tagen um die Welt“, 2019 „Der Zauberer von Oz“, 2020 „Pippi in Taka-Tuka-Land“ aufgeführt worden. Letztere Vorstellung ist zu einem Grosserfolg mit über 500 Besuchern*innen geworden. Die grosse Bandbreite der Aufführungen spricht die unterschiedlichen Bedürfnisse des Publikums an. Wichtig ist, im digitalen Zeitalter auch Kindern und Familien mit niederschwelligen Live- Aufführungen Kulturerlebnisse vor Ort zu ermöglichen. Die Jugend wird mit Spezialprogrammen angesprochen. Die Schüler aus der Mittelschule sind gern gesehene Gäste bei den Theateraufführungen in der Aula der Kantonsschule und werden teils von ihren Lehrpersonen begleitet. Theatersport-Events sind zu einem besonderen Anziehungspunkt für die junge Generation geworden. Nach einem Pilotversuch ging man 2013 im Rahmen der Neuausrichtung der Gesellschaft dem Bedürfnis nach einem festen Kinderprogramm nach und wurde mit Erfolg belohnt. Jährlich finden drei bis vier Veranstaltungen für das junge Publikum statt, unter dem Patronat der Glarner Kantonalbank. Die Märlitheater des Reisetheaters Zürich und des Vereins Schweizer Kinder- und Jugendtheater verzeichnen jeweils hohe Besucherzahlen und sind Erlebnisse, die Generationen verbinden. „Ds Dritt Programm“ ist auf die Kleinkunst und das Kabarett fokussiert. Die Programmgestaltung hat mit Dynamik und Experimentierfreude gestartet und zeichnet sich heute durch eine bunte und vielfältige Palette aus. Ausgangspunkt waren die nationalen und internationalen Jugendproteste, die sich gegen das Establishment gerichtet haben. Die Kultur ist nach diesem Aufbruch wilder und schräger geworden. Die in den 1980-er Jahren angestrebte Verjüngung konnte bald erreicht werden und die Kulturförderung des Kantons Glarus unterstützt seit 1982 „Ds Dritt Programm“ mit Beiträgen. Der Gründung des neuen Ressorts vorausgegangen waren erfolgreiche Pilotprogramme: ein Ballettabend mit Jean Deroc, „Aus der Werkstatt des Choreografen“ und ein Referat der Philosophin Jeanne Hersch, die zur Fähigkeit des Menschen Freiheit zu ertragen, sprach. Lesungen bekannter wie auch Nachwuchsautoren wurden ebenfalls aufs Programm gesetzt. Aufwühlend war der Bericht der von der Stasi zwangssterilisierten Gabriele Stötzer. Inzwischen hat „Ds Dritt Programm“ den Schwerpunkt anders gesetzt; Lesungen werden eher von anderen Veranstaltern im Glarnerland durchgeführt – Buchhandlungen und Kulturvereine. Die Kabarettkunst hat sich mit einem breiten Spektrum prächtig entwickelt. Pantomimen, Jongleure, Clowns und Gaukler, Comedians, Wortakrobaten, Stimm- und Musikkünstler verschiedener Sparten und Richtungen gastieren regelmässig im Glarnerland. Die Qualitätsansprüche waren und sind immer hoch angesiedelt; Schenkelklopfer oder Themen „unter der Gürtellinie“ finden keinen Platz. Die Schrift „100 Jahre Kulturgesellschaft Glarus 1920 bis 2020“ ist zu empfehlen. Eduard Hauser

Autor

Kulturblogger Glarus

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Hauser Eduard
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hauser.eduard@gmail.com

Kategorie

  • Glarus

Publiziert am

06.11.2020

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