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Musique

Kerzenkonzert in der Stadtkirche – ein fester Teil der Glarner Kultur

Wenn sich alle zwei Jahre am Samstag vor dem dritten Advent mehr als 1000 Menschen in der Stadtkirche Glarus versammeln, wenn zugleich 2000 Kerzenlichter leuchten - dann bedeutet dies: Die Weihnachtsgeschichte in Musik gesetzt von Christoph Kobelt, erklingt wieder. So geschehen zuletzt am 14. Dezember 2019.

1977 fand die Uraufführung der gross angelegten Komposition statt, bei der über 100 Mitwirkende in verschiedenen Chor- und Instrumentalensembles beteiligt sind. Dazu drei Dirigenten und Gesangs- sowie Orgelsolisten. Das Werk ist genau auf die Architektur der Glarner Stadtkirche zugeschnitten, die der Komponist Christoph Kobelt seit Kindertagen kennt. Schliesslich sass er schon beim sonntäglichen Ausgangsspiel seines Vater Jakob, langjähriger Hauptorganist der Stadtkirche, neben der Orgel, und lauschte. Auch wenn es seit 1981 zusätzlich regelmässig im Fraumünster Zürich aufgeführt wird (dort sogar jährlich, in Glarus nur zu ungeraden Jahreszahlen), es ist und bleibt ein Glarner Urgestein, diese Komposition. Die Partitur wurde 2008 nochmals neu editiert und dem Landesarchiv des Kantons Glarus übergeben. Zu diesem Anlass konnte man auch im Foyer der Landesbibliothek Glarus eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Werkes sehen, der Komponist hatte sie selbst eingerichtet. Seit einem gesundheitlichen Rückschlag von Christoph Kobelt 2014, der bis anhin immer die Hauptleitung innehatte, wird das Konzert von seinen Söhnen David und Moses Kobelt, sowie seinem Bruder Michael geleitet. Der Komponist selber wirkt aber organisierend und im Glockenensemble mit.

Auch wenn immer wieder mal Protagonisten des Aufführung wechselten - viele blieben auch sehr lange dabei und die Kontinuität ist beachtlich. Besonders zu erwähnen ist wohl der Organist Jakob Strebi, welcher immer noch den Part der Chororgel spielt und es so auf mehr als hundert Aufführungen dieses Konzerts bringt. Ehemalige Mitglieder des Kinderchores wuchsen zu erwachsenen Sänger/innen heran, wie z.B. die Sopranistin Corinne Gabriel; sie trat sogar in der Rolle der Maria zeitweilig solistisch auf. Nur schon an der grossen Stadtkirchenorgel zeigen sich die verschiedenen Epochen von Organisten: Bis 1985 war das in Glarus der Vater des Komponisten Jakob Kobelt, danach Hans-Beat Hänggi, seit 2002 Emanuele Jannibelli. Dass sich die Besucher nach wie vor in grossen Scharen einfinden, zeigt: Es ist eine zeitlose Komposition, deren Musik anrührt, und dies immer aufs Neue. Sie enthält viele traditionelle Weihnachstlieder und Bibelzitate, die kunstvoll in verschiedenen Chor- und Instrumentalsätzen verbunden werden. Und dabei wird eine Geschichte erzählt - eine Geschichte in vier Teilen. Der Advent, die Geschichte der Hirten, die Geschichte der Könige, und der Lobgesang; 22 Stücke ingesamt; ein Lektor bzw. Vorsänger führt durchs Geschehen, das sich symmetrisch um die Krippe gruppiert.

Es hat Dramaturgie und heiliges Ergriffensein. Viele Gänsehautstellen. So, wenn die Streicher in warmen Klängen von der Menschwerdung, dem Herabkommen des Sohnes Gottes zur Erde erzählen. Oder die Arie der hellen Engelsstimme plötzlich im Raum steht, samt dem Himmelsglanz eines überirdisch schön klingenden Glockenensembles. Wenn dann Herodes erscheint und den drei Königen aufträgt, ihm Jesu Geburtstort zu verraten, tritt eine dunkle, bedrohliche Figur auf den Plan. Ganz anders die Begegnung mit dem alten Simeon, dessen Lebenssehnsucht sich endlich erfüllt, als er das neugeborene Christuskind schauen und auf den Arm nehmen darf. In den Orgelchorälen, wo sich die zwei Instrumente auf der Empore und unten im Chor ergänzen, spannt sich ein gewaltig grosser Bogen, übers ganze Kirchenschiff. Parallel dazu halten die Dirigenten wie Synchronschwimmer die ganze Aufführung zusammen. Ein faszinierdender Anblick, wie man es -  so hier auf den Bildern - von der Grossen Empore aus sehen kann. Hören aber kann man gut von überall aus. Das Dunkel im Kirchenraum, nur schwach erhellt und belebt von den lebenig zuckenden Flämmchen der 2000 Becherlichter, macht es einfach, sich in die Besinnung führen zu lassen. Sich anstecken zu lassen, von der kindlichen Freude der Hirten, die sich zum Stall begeben, vom Lobgesang der Engel, Könige, und übigen Menschen im Geschehen. Im Quempaslied vereinigen sich alle Mitwirkenden zu einer grossen, mitreissenden Hymne aufs Leben, auf das Wunder der Weihnacht. Nicht nur Kirchgänger, Gläubige spüren das - vielmehr alle, die noch staunen und hinhören können, auch Familien mit kleinen Kindern sieht man jeweils im Konzert. 2019 ist es wieder geschehen - ein wunderbar festliches Erlebnis. Nach dem letzten Ton dauert es üblicherweise immer sehr lange, bis die andächtige Stille am Schluss dem grossen Applaus weicht. Die nächste Glarner Aufführung wird es also 2021 geben, in Zürich schon 2020. Im Glarnerland wird das sängerische Wissen und Können dieses Werkes im Glarner Singverein, seit 2015 geleitet von Moses Kobelt, sowie in der Kantorei Niederurnen, geleitet von David Kobelt, sorgsam weiter gepflegt. So ist und bleibt es präsent, ein guter Nährboden für die Zukunft.

Text und Bilder: Swantje Kammerecker

Autor

Kulturblogger Glarus

Catégorie

  • Musique

Publié à

15.12.2019

Webcode

www.glarneragenda.ch/qxndJc