GLS
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Dirigent und Moderator Lorenz Stöckli
Dirigent und Moderator Lorenz Stöckli
temperamentvolle Klänge
temperamentvolle Klänge
Sängerin Helena Golling
Sängerin Helena Golling
Band "Time to fly"
Band "Time to fly"
Roman Staubli komponiert auch
Roman Staubli komponiert auch
 glarnerlandstriicher sind vielsei(ai)tig unterwegs - 1
 glarnerlandstriicher sind vielsei(ai)tig unterwegs - 1

Glarus

glarnerlandstriicher sind vielsei(ai)tig unterwegs

Ein spannender Stil-Mix von Beethoven über Filmmusik bis hin zu Eigenkompositionen des jungen Glarners Roman Staubli – das waren die bestens besuchten Herbstkonzerte der glarnerlandstriicher mit der Band «Time to fly» unter Leitung von Lorenz Stöckli und Domenica Padovan.

Die Klassik sei ein bisschen wie Pflicht, die weiten Welten weiterer Musikstile wollen sie jedoch ebenso erkunden, erklärt Dirigent Lorenz Stöckli in seiner Moderation des Konzerts am 30. Oktober 2022 im Gemeindehaussaal Ennenda. Das zieht offenbar viele Menschen an, denn die Reihen sind gut gefüllt – ebenso wie bei der als «öffentliche Generalprobe» deklarierten Aufführung am Vorabend im Jakobsblick Niederurnen. Das junge Glarner Streichorchester glarnerlandstriicher, vor Jahren gegründet anlässlich eines Diplom-Projekts der heutigen Konzertmeisterin Domenica Padovan, hat schon immer «E»- (ernste) und «U»- (Unterhaltungs-) Musik miteinander verbunden. Heuer ergab sich eine spannende Connection mit der sechsköpfigen Glarner Band «Time to fly», deren Keyboarder Roman Staubli zugleich Pianist und Solist des Streichorchesters ist. Und der bei zwei Stücken des heutigen Programms dazu noch als Komponist in Erscheinung tritt.


Nur schon das Bühnensetting ist dynamisch: Geigen und Bratschen musizieren stehend, zwischendurch wird für einen Satz des 1. Beethovens-Klavierkonzerts der Flügel ins Zentrum des Geschehens geschoben. Im zweiten Teil des Konzerts nimmt auf einer Seite der Bühne die Band Aufstellung. Konzertmeisterin Domenica Padovan zeigt, dass sie nebst der klassischen Violine auch die E-Geige virtuos beherrscht. Temperament und Lebensfreude sind in den Werken ebenso zu finden wie Schwermut und Trauer. Bei einigen Werken stand gar der Tod Pate, passend zum bevorstehenden Allerheiligen. So wird das Konzert mit der Musik aus dem Musical «Coco» von Larry Moore eröffnet, dessen Protagonist am «Dia de los Muertos» in die Welt der Toten eintritt, dort seinem verstorbenen Vater und Vorbild als Musiker begegnet und die Musik als Geschenk für seine Familie heimträgt, wie Stöckli erklärt. Mit Ennio Morricones «Spiel mir das Lied vom Tod – Once upon a time in the West» (arr. Flavio Regis Cunha) wird auch ein Klassiker der Filmmusik vortragen. Dazwischen, als Beispiel von Beethovens früher Kompositionskunst, ist das Allegro con brio aus seinem ersten Klavierkonzert zu hören. Es tönt fröhlich und unbeschwert, aber die tragische Wendung seines Lebens, die schleichende Ertaubung wird sein weiteres Schaffen prägen.


Und die Liebe ist auch präsent: «This Love» von Maroon 5 (arr. Lorenzo Bastoncino), stimmt auf die folgenden, von der Band «time to fly» begleiteten Lieder ein. Bei der Eigenkomposition «Shades of Color» von Roman Staubli und seinem Kollegen Dario Lupi wird die Schattenseite einer unerwiderten Liebe thematisiert. Auch in «Los» von Patent Ochner heisst es, «idere wäut wo aues luut schrill isch, da los I hueregärn uf di, nume schad ghörsch mi jitz nid… Lue. lue, lue, hüt ligen I blank, hüt gheie myner muure, gsehsch dür mi düre wi dür glas…» ist diese Verletzlichkeit zu spüren. Sängerin ist Helena Golling, teils singt auch Roman Staubli. Die klaren Stimmen harmonieren gut, hätten manchmal ein bisschen mehr Verstärkung gebraucht; ebenso wie die Streicher gegenüber Bläsern und Perkussion teils akustisch in den Hintergrund treten. Das gelungene und frische Interpretieren der oft anspruchsvollen Partituren verdient grosse Anerkennung -  Begabung und jahrelanges Üben stecken darin. Denn die Muszierenden sind vielfach seit Kindertagen in der Ausbildung; die Glarnermusikschule war oder ist noch ihre Ziehmutter. Ein besonderes Musiktalent war auch der 2020 tragisch im Freitod verstorbene Saxofonist Mathis Sulzer, Mitbegründer der Band. Ihm ist als musikalisches Gedenken das Lied «Wo du bisch», komponiert von Roman Staubli, gewidmet. Nach dessen Schluss gibt es im sonst lebendigen Publikum einen Moment der Stille, bevor applaudiert wird. Mit dem «Smooth Criminal» von Michael Jackson (arr. Lorenzo Bastoncino) führt Stöckli ins beschwingte Finale. Ob es ein Delikt ist, auf einer  E-Geige zu spielen, wie er augenzwinkernd behauptet, mag bezweifelt werden – denn das Publikum pocht laut klatschend auf eine Zugabe. Auf die weiteren Projekte des dynamischen Orchesters darf man gespannt sein. 
Text und Fotos: Swantje Kammerecker

Autor

Kulturblogger Glarus

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Published on

01.11.2022

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www.glarneragenda.ch/EdrVMK